Mit dem fantastischen Film als künstlerischem Labor, dem asiatischen Kino als Reservoir neuer Tendenzen und den digitalen Bildern als Kino von morgen setzt das Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF), das diesen Juli seine 16. Ausgabe präsentiert, auf innovative Akzente im populären Genrefilm- und digitalen Bildschaffen. Einige Highlights des diesjährigen Programms:
John Carpenter - Retrospektive und Live-Konzert
Als Ehrengast der 16. Ausgabe kommt «Master-of-Horror»-Regisseur und Komponist John Carpenter nach Neuchâtel, u.a. mit einem Konzert seiner legendären Soundtracks und neuen Kompositionen (John Carpenter Live, Vorverkauf beachten). In einer Retrospektive sind achtzehn seiner teils zu Klassikern gewordenen Filme zu sehen, von Dark Star (1974) über Halloween (1976), The Thing (1982), Prince of Darkness (1987) und Vampires (1998) bis The Ward (2010), und in einer Ausstellung die Plakate dazu.
Zum Soundtrack-Komponisten Carpenter siehe Oswald Itens Musikalische Spurensuche (The Thing), erschienen in Filmbulletin 1.16 (online mit Soundbeispielen).

Auf der Suche nach dem neuen Eldorado des fantastischen Films
... werden zwei Spezialprogramme präsentiert. «El Dorado» ist dem lateinamerikanischen Genrefilm gewidmet. Das US-Kino um die Jahrtausendwende prägten u.a. lateinamerikanische Filmemacher wie Guillermo Del Toro, Alejandro González Iñárritu, Alfonso Cuarón, Robert Rodriguez und Walter Salles. Derweil machten sich in den lateinamerikanischen Ländern aber auch junge Regisseurinnen und Regisseure daran, in Guerilla-Manier ein lokales fantastisches Filmschaffen zu entwickeln. Das NIFFF dokumentiert das blühende «Latino-Genrekino» mit einem zweiteiligen Programm aus rund zwanzig Filmen, zum einen mit den zentralen Filmen der letzten fünf Jahre, zum andern mit den cineastischen Referenzen dieser jüngeren Generation.
«Amazing Switzerland»
Dem Trend zu mehr Genrekino in der Schweiz, vom Autorenfilm bis zu populären und interaktiven Produktionen, will das NIFFF zukünftig mit der neu geschaffenen Promotions- und Netzwerkplattform «Amazing Switzerland» Rechnung tragen. Sie soll es einheimischen Autoren ermöglichen, sich mit der internationalen Filmindustrie zu vernetzen. Zu den in der Sektion präsentierten Filmen gehört der restaurierte Stummfilm Das Kalte Herz (1933–2016) von Karl Ulrich Schnabel, in dem Franz Schnyder als junger Schauspieler zu sehen ist. Der von den Nazis verbotene Filmschatz wird am NIFFF zum ersten Mal in der vom Berner Filmemacher Raff Fluri finalisierten Fassung gezeigt.

Imagining the Future (ITF) – Symposium zu digitalen Bildern, Spezialeffekten und Games (4. & 5. Juli)
Das mittlerweile traditionelle «Imagining the Future»-Symposium befasst sich mit sogenannten Serious Games und Virtueller Realität (VR36). Was Serious Games sind, wird in einem Panel unter dem Titel «Why So Serious?» anhand von Beispielen gezeigt, die u.a. pädagogische Ziele im Bereich Bildung und Gesundheit verfolgen. Das Panel «The Challenges of VR-360-Storytelling» stellt technische, künstlerische und narrative Fragen der interaktiven VR-Technik zur Diskussion. Am zweiten Tag stehen drei Aspekte im Zentrum: neue digitale Werkzeuge und ihre Zukunft («United Tools»), der «Ladies’ Touch» sprich die Karrieren von Frauen in der digitalen Bildindustrie und schliesslich Fragen zu VFX und SFX in Produktionen mit limitierten finanziellen und technischen Möglichkeiten («Guerilla FXs»). Es diskutieren u.a. der marokkanische Regisseur Talal Selhami (Mirages, NIFFF 2011), der Schweizer VFX-Supervisor Laurent-Paul Robert (Skyfall, Tree of Life, Dark Knight Rises, Hellboy 2, Stardust, Harry Potter) und die argentinische Produzentin Laura Sanchez Acosta, (Dæmonium, 2016).
Zum ITF-Symposium gehören ein Recruting-Event, an dem Techniker und Künstler aus den Bereichen der Programmierung, 3D, Konzeptdesign, Storyboarding, Compositing oder Animation grosse Studios aus England, Deutschland und der Schweiz treffen können sowie der dritte Epic Game Jam (man trifft sich auf www.epicgamejam.com).

Series Storyworlds – Symposium zu Seriendrehbüchern, 6. Juli
Das Symposium befasst sich mit der Entwicklung und dem Schreiben von Genre-Serien. Es wurde 2013 ins Leben gerufene und hat bereits internationale Autorengrössen wie George R.R. Martin oder Chris Carter mit der nationalen Filmszene in Kontakt gebracht und einzigartige Einblicke in die Konzeption von Serien und ihren digitalen Nebenprodukten gewährt. Zu den diesjährigen Gästen aus dem Ausland gehören der amerikanische Regisseur von We Are What We Are, Jim Mickle (Hap and Leonard) und den französischen Drehbuchautoren Abdel Raouf Dafri (La commune, Braquo, Un prophète), am Schweizer Panel sind Pierre-Adrien Irlé (Station Horizon), Fulvio Bernasconi (Béguelin & Cie), Bettina Oberli (Private Banking) und Pilar Anguita-Mackay (Anomalia) dabei.
New Worlds of Fantasy – Literarisches Forum
Das Forum will die Hintergründe der modernen fantastischen Fiktion erforschen. Gast von Moderator Marc Atallah, dem Leiter des Maison d’Ailleurs, ist der Schweizer Comiczeichner und Autor Frederik Peeters («Blaue Pillen», «Sandburg», «Koma», «Aâma»). Zu einer geselligen Runde treffen sich ausserdem die westschweizer Krimiautoren «Cercle d’Auteurs de Polars Romands»: Marc Voltenauer («Le Dragon du Muveran»), Marie-Christine Horn («Tout ce qui est rouge»), Quentin Mouron («L’Âge de l’héroïne», «Trois gouttes de sang et un nuage de coke») und Olivier Chapuis («Le Parc»).

Gefällt dir Filmbulletin? Unser Onlineauftritt ist bis jetzt kostenlos für alle verfügbar. Das ist nicht selbstverständlich. Deine Spende hilft uns, egal ob gross oder klein!