Nur 52 Jahre alt ist François Truffaut geworden. Im Rückblick erscheint sein Lebenswerk trotzdem so reich wie das eines Menschen, dem ein voller Lebenszyklus gegönnt war. Doch Fülle und Vollendung sind nicht das Gleiche. Truffauts Streben galt stets den erfüllten Lebensmomenten, nicht dem vollendeten Kunstwerk. Das Filmpodium präsentiert im Mai und Juni 17 Filme des grossen Humanisten unter den jungen Wilden des französischen Kinos.
Truffaut, Schüler Rossellinis und Bewunderer des italienischen Neorealismo, war Mitbegründer der «politique des auteurs» und prägende Stimme in André Bazins Cahiers du cinéma, der geistigen Quelle des Autorenfilms und Bibel aller Cineasten und Cinephilen; er war Neu-Entdecker von Hollywoods verkannten «Autoren» und in dieser Funktion vor allem Exeget von Hitchcock, mit dem vielleicht populärsten theoretischen Text der Filmgeschichte überhaupt: «Le cinéma selon Hitchcock» (1966, dt. «Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?»). Dafür befragte er den Meister des Suspense fünfzig Stunden lang und schrieb ihn dann in den Olymp der Filmgötter. Das schlug sich auch in seinen eigenen Filmen nieder, etwa in La mariée était en noir (1968) und La sirène du Mississippi (1969), aber auch noch in seinem letzten Film, Vivement dimanche! (1983): allesamt Hommagen nicht nur an Hitchcock, sondern verspielte, paradoxerweise geradezu heitere Variationen der literarischen und filmischen «Série noire», der er bereits mit seinem Frühwerk Tirez sur le pianiste (1960) gehuldigt hatte.
Auch im Filmbulletin-Archiv findet sich Truffaut-Kontent - unter anderem eine von Peter W. Jansen verfasste Collage, die alle Karrierephasen des Regisseurs umfasst.

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