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Die zukuenftigen glueckseligkeiten2

Mein glückseliges Akkordeon

Text: Fred van der Kooij / 01. Mai 1991

Zumindest im groben weiss jeder, wie ein Akkordeon funktioniert. Da gibt es zwei einander gegenüberliegende Tastaturen oder Knopfbretter, dramaturgisch gesagt: zwei Spielorte, die durch eine Art Luftpumpe miteinander verbunden sind. Diese Pumpe hat die Form eines gefalteten Balges, der, wenn man ihn auseinanderzieht, Luft aus der Umgebung ansaugt, um diese, sobald man ihn wieder zusammenpresst, über verschiedene Stimmstöcke zu führen, die links und rechts im Inneren der beiden Verdecke angebracht sind. Werden dort Tasten oder Knöpfe gedrückt, wird die Luft über feine Metallzungen wieder ins Freie zurückgeleitet, wo sie jetzt nicht länger zischt, sondern – dank den Zungen – klangvoll ertönt.

Warum ich das erzähle? Nun, weil mein Film Die zukünftigen Glückseligkeiten einem ebensolchen Akkordeon ähnelt. Auch mein Film hat zwei Spielorte, die sich schon deshalb gegenüberstehen, weil sie in zwei verschiedenen Zeiten angesiedelt sind: das frühe siebzehnte und das späte zwanzigste Jahrhundert. Und auch sie sind via einer Art einematographischen Luftsackes miteinander verbunden. Das ermöglicht ein Spiel, dessen Verläufe, ähnlich wie bei der Ziehharmonika, weitgehend selbständig sind und dennoch gleichsam von ein und dem selben Pumpwerk angetrieben werden. Die Flucht eines Philosophen während des englischen Bürgerkriegs scheint auf den ersten Blick ohne direkten Bezug zu jenem zweiten Erzählstrang des Films, der die Leiden eines Kleinbürgerehepaars an den realexistierenden Lebensbedingungen unserer Gegenwart beschreibt. Genaueres Hinsehen zeigt aber, dass diese lakonische Zusammenführung von unzähligen Luft- und Atemwegen durchzogen ist, und bald denn auch wirbeln beide Storys in ein und derselben dramaturgischen Luftsäule unablässig durcheinander.

Inmitten der Kriegswirren des siebzehnten Jahrhunderts imaginiert der Philosoph Thomas Hobbes eine Zukunftsgeschichte als Gegengift, als antirevolutionäres Lob des Duldens der bestehenden Verhältnisse, die seine Zeitgenossen gerade so hoffnungsvoll aus den Angeln heben. Diese Zukunftsgeschichte spielt – wenn auch tüchtig verfremdet durch eine Erzählperspektive, die ganz die der Hobbes'schen Epoche bleibt – in unserer unmittelbaren Gegenwart und berichtet (als wäre es, statt eine soap opera , ein antikisierendes Drama von Dryden oder Racine) von der Leidensgeschichte einer Ladeneröffnung.

Schon diese Kurzfassung der filmischen Konstruktion zeigt, dass in dieser zweistimmigen Invention das siebzehnte Jahrhundert die Fabelführung inne hat; es spielt auf unserer Harmonika – linkshändig, wie sich's gehört – den Bass, während sich das zwanzigste Jahrhundert darüber rechts im Diskant erhebt.

Balgstösse von der einen Seite können in einem Akkordeon ohne weiteres erst im gegenüberliegenden Stimmwerkgehäuse zu Klang werden. So auch in Die zukünftigen Glückseligkeiten. Dort zeigt etwa die Zerschlagung einer historischen Bauernkommune ihre fatalen Folgen erst im Laden der Gegenwart. Die Pression (in diesem Fall wäre angemessener von Re-Pression die Rede) entlädt sich nicht im gleichen, sondern im anderen Jahrhundert, so als wären beide durch Überdruckventile miteinander verbunden. Zwei kommunizierenden Röhren gleich vermischen die beiden Zeitstränge ihre jeweiligen Ereignisse auf unterschiedlichste Art und Weise. Um dabei die moderne Geschichte, dieser Hobbes'sche Wechselbalg, als das untergeschobene Kind der älteren Epoche auszuweisen, werden auch mal kurzerhand dreihundertfünfzig Jahre negiert und die strategischen Erläuterungen eines royalistischen Offiziers umstandslos mit der Einrichtungsplanung des Gegenwartsladen verstrickt. Ein dramaturgisches Pumpwerk an Bewegungsund Dialoganschlüssen saugt zu diesem Zweck gewissermassen die Luft zwischen den Zeiten heraus, sodass sie, wie im Vakuum zusammengepresst, eins werden können. Aber auch eine Verknüpfung, die gerade auf eine Verschärfung der Gegensätze, auf ein Auseinanderziehen der Zeitenharmonika setzt, kann der Polyphonie der Epochen Farbe und Inhalt verleihen; so wenn sich die Eröffnung des Ladens mit einer Plünderung aus dem früheren Zeitalter verschränkt. Zwar tut auch diese Doppelszene dann wieder so, als wäre sie blass eine einzige – der Gegenwartsladen wird von einer barocken Soldateska buchstäblich gestürmt–, aber weil die beiden Ebenen nicht nur zeitlich, sondern diesmal auch stilistisch scharf voneinander abgesetzt sind (die Plündernden erscheinen nur als storyboard-artige Zeichnungen inmitten der realgefilmten Gegenschüsse im Laden) entsteht ein eigenartiger «stereophoner» Effekt, ähnlich wie beim Schifferklavier, wo die Töne, obwohl zur gleichen Melodie gehörig, auch getrennt entweder durch die linke oder durch die rechte Schallöffnung das Instrument verlassen, je nachdem auf welcher der beiden Tastaturen sie gespielt werden.

Die zukuenftigen glueckseligkeiten1

Ich sagte es schon: Die zeitgenössische Geschichte der beiden unglückseligen Ladenbesitzer wird aus der Perspektive einer längst vergangenen Zeit erzählt, und Hobbes mimt genaugenommen den Ventriloquist, den Bauchredner dieser kopfstehenden science fiction. Fortwährend souffliert er dem zwanzigsten Jahrhundert in dessen Abläufe hinein. Denn der Laden dort ist Hobbes' Bauchladen. Er hält ihn in Form einer Schachtel, die sich auf der Flucht, wie ein Zettelkasten, mit szenischen Einfällen füllt, liebevoll an die Brust gedrückt; er ist sein Nabel der Welt und philosophisches Polykordeon in einem, auf ihm handorgelt er seine zynischen Weisen. Hobbes' Odem durchzieht die Gegenwart, am hörbarsten in der Nacht vor der Ladeneröffnung, als die Atemzüge seines Schlafes das Ehepaar bei ihrer letzten Verkaufsprobe begleitet und die Wände so hauchdünn werden darob, als wären sie Zeitfenster, wodurch die Kriegsmanöver des siebzehnten Jahrhunderts, einer Zugluft gleich, hereinziehen.

Aber keiner spielt lang mit dem Zwei-Finger-System Akkordeon! Man hat schliesslich deren zehn und die möchten alle mal beschäftigt werden. So entstehen Akkorde und weitere Gegenstimmen, und entwächst auch mein Film zwangslos seiner eigenen binären Grundanlage und wird vielstimmig. Das Aufziehen neuer Register sieht dabei manchmal aus, als würde da nur so ein bisschen auf den Tasten herumgefingert, die Schule der Geläufigkeit geübt, wie etwa in jener Sequenz, ziemlich am Anfang des Films, wo sich Hobbes' Schritte mit den Rhythmen und Gangarten des Aufstandes vermischen. Aber sogar dieses scheinbar freie Präludieren spielt sich (wie Vorspiele es so an sich haben) auf Kommendes ein. So geht es des öfteren in diesem Film. Wie bei der Ziehharmonika der Balg, wird sein Formgefüge nach Bedarf auseinandergezogen oder zusammengepresst, wenn's sein muss in kurzen hektischen Stössen, mit denen etwa die vorhin angedeutete kleine «Revolutionsetüde» vorangetrieben wird: Ein verspukter Notizzettel wird zum fallenden Baumstamm und mündet, während Buchen rundum zu Trommeln des Aufstandes umfunktioniert werden, in einen Regensturz von Fichen, durch den sich die Revolte ihren Weg bahnt sowie auch Hobbes, bis letzteren ein erneuter Baumsturz den Blick für weitere Himmelsgaben nach oben richten lässt. Über den Wolkengegenschuss schwenkt der Zeitenlauf ins zwanzigste Jahrhundert hinüber, von wo aus mittels des in einen Musketenschuss mündenden Schnallens eines Hosenträgers das ganze Bilderpanoptikum wieder ins siebzehnte zurückkatapultiert wird. Ähnlich hechelnd in der Spielweise machen es die argentinischen Bandoneonspieler; auch sie lassen ihr Instrument auf dem Oberschenkel aufschlagen, als wollten sie ihre Kunst übers Knie brechen.

Eine weitere am filmischen Faltenwurf applizierte Quetschmethode besteht darin, die Ereignisse quer über die Zeiten und Spielmanuale hinweg in- und übereinanderzuschieben. Und so geschieht es, dass während einer häuslichen Wischszene im zwanzigsten Jahrhundert nicht nur die Türklingel des allmählich seinen kommerziellen Lauf nehmenden Ladens von nebenan herein weht, sondern auch durch die Resonanzböden und Projektionswände das Abschlachten und Revoltieren des Bürgerkrieges staubaufwirbelnd in die gute Stube dringt und über all diese Wechselzüge und Wechselbezüge hinweg die Wechselrede von Hobbes und seinem Sekretär sich litaneihaft als eine schier nicht endenwollende Bestandsaufnahme aller Kriegsschäden und -verbrechen erhebt.

Der unterschiedliche Druck auf die in Schwingung versetzten Ereignisse lässt deren Klang je nachdem aufheulen oder verröcheln, kurz: Die Akkordeonform der filmischen Konstruktion bringt buchstäblich ein ganz eigenwilliges Atmen in ihre Bilder und Töne. Einiges, was mancher sich vielleicht gedehnter wünschte, ist dicht zusammengefaltet, während anderes, scheinbar Redundanteres, sich breit wie eine ausgezogene Harmonika macht. Die Treckzüge auf meinem Kinokonzertino unterliegen offensichtlich eigenen Gesetzen, folgen einem Rhythmus von Druck und Gegendruck, die die klassische Dramaturgie weitgehend aus den Angeln hebt, ihr sozusagen den Schnauf nimmt. Die Exposition, üblicherweise Auftakt jedes anständigen Erzählvorganges, bohrt sich hier wie ein unterirdisches Flüsschen fast durch den ganzen Film, und dort, wo traditionellerweise die Handlung auf einen dramatischen Höhepunkt zusteuert, klafft eine leere, die den Film fast zum Stillstand bringt. Und kaum ist der ganze Wirbel versiegt, verstauben schon die Falten, verfault hier die Luft. In einer langen Sequenz nämlich, in der das moderne Ehepaar vergeblich versucht, die sie bedrohende Katastrophe abzuwenden, dreht sich die Kamera schier endlos um das sinnlose Auf und Ab ihrer Gänge und Zirkelschlüsse. Im Auge des Zyklons, den dieser Film, windtechnisch gesprochen, darstellt, gähnt die leere. Sein Orkan kreist um ein Nichts, und die schlaue Konstruktion, die Thomas Hobbes für seine Zukunftsgeschichte ausgeheckt hat, wird ab jetzt Risse im Luftkanal aufweisen. Einmal gar wird das Ehepaar durch eines dieser Konstruktionslöcher der Geschichte, in diese es unwissentlich und -willentlich geworfen wurde, entfliehen – wenn auch für kurze Zeit. Ihre Wohnung, die nur so gross wie die Schachtel ist, in der Hobbes ihre Geschichte ansammelt, verlassen sie durch den einzig möglichen Ausgang, die eine derartige Behausung aufweist: via den Deckel. Doch was heraus will, wird vom Durchzug ergriffen, und so wirbeln die beiden, in unzählige Zettel zurückverwandelt, aus der Schachtel heraus in das siebzehnte Jahrhundert hinein.

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(Bild: Storyboard zu Die zukünftigen Glückseligkeiten)

Doch was ist – spricht man schon vom Akkordeon – mit der Musik in diesem Film?

Nun, keine Angst, der momentan auf den zeitgenössischen Tonspuren ringsherum stattfindenden Satie-Ablösung durch Astor Piazzola wurde hier noch nicht nachgegeben. Mein Spielwind trieb Vertrackteres durch die Mischpultkanäle; das Zungenwerk der Zeiten wurde am audiovisuellen Trecksack angeschlossen, wie beim Metzger der Fleischwolf an den Schweinsdarm. Hier das Rezept: Man nehme ein Geräusch der Gegenwart, sei es eine Hausklingel, ein Kochtopfpfeifen oder ganz einfach das Flattern der Vorhänge am Fenster, höhle sie mit allen dazu zur Verfügung stehenden elektronischen und klangdigitalen Mitteln aus wie die Innereien eines frisch geschlachteten Mastviehs und stopfe die so übrig gebliebene Hülle – oder Hüllkurve, wie die Ton(metzger)meister sagen – mit neuer Füllung aus. In unserem Fall empfahlen sich da als geeignete Brätmischung die Werke des englischen Frühbarock, und so knarren jetzt im filmischen zwanzigsten Jahrhundert die Möbel, als hätte Henry Purcell seine Seufzermotivik in den Stuhlbeinen untergebracht, und aus der modernen Kaffeekanne gluckst ein falsettierender Tenor ein frischgefiltertes Liebeslied von John Dowland in die Tasse.

Und in den Film hinein geraten die Klänge ohnehin wie gehandorgelt: Die allererste Einstellung zeigt einen langen leerstehenden Treppenaufgang. Dann endlich wird aus dessen Tiefe, wie die Luft im Balg, Wind emporgeblasen. Ein chorisches Säuseln erklingt, in dessen Folge erst Hobbes, und mit ihm die kommenden Ereignisse, ins Blickfeld gezogen werden. So fängt mein glückseliges Akkordeon überhaupt zu spielen an, vom Klang vor die Projektionslampe gepustet. Und es ist gar, als gingen den Bildern hin und wieder unterwegs die Puste aus, als müsste der Projektor vor dem Ansturm soviel optischer Bildfluten zwischendurch mal kurz verschnaufen. Dann zieht sich der Film einen Moment lang ganz in die Wirbelsäule des Klangs zurück, bis das Kinoörgelchen wieder Licht fängt. ***

Nichts ist also wirklich voneinander abgeschottet in diesem Film, durch dessen Balgenkamera das Pneuma der Gedanken zieht, das Hauchen der Wünsche, die Staubwolke der Flucht, das Toben des Krieges, das Stürmen des Aufstandes und der Orkan der Katastrophe zuletzt, der alles am Ende ratzekahl zurücklassen wird.

Gewiss, mein Film ist ein Pressluftklavier, wo die Ereignisse so dicht gedrängt und oft so elliptisch verkürzt erscheinen, dass es ist, als wollte sich das Ganze in den Harmonikafalten seiner dichtgedrängten Form verstekken. Schlimmer noch: Die Falzkanten sind gar nicht dort, wo man sie erwartet, nämlich nicht da, wo die Zeiten aufeinandertreffen. Dort sind sie vielmehr sorgfältig weggeglättet, als wären sie, wie in jener Gegenwartsszene die Fahne der Aufständischen, unters Bügeleisen geraten. Die Übergänge zwischen den Zeiten sind gewissermassen aus knitterfreiem Material verfertigt. Gefalzt wird der filmische Balg dort, wo eine konventionelle Dramaturgie auf grösstmögliche Glät te bedacht wäre: innerhalb jener szenischen Einheiten, in denen eigentlich die Einheit von Ort und Zeit zu gelten hat. Einmal beispielsweise rutschen wir dank der Metamorphose eines Nachttischlämpchens vom zwanzigsten ins siebzehnte (wie andere vom hundertsten ins tausendste). Während sich der Schaltklick des Lämpchens geradlinig in Vogelgeschrei transformiert, wirft die dadurch anund ausgeschaltete Birne ihren Lichtschein weit ins vergangene Jahrhundert zurück. Dort hat sich Hobbes' adliger Sekretär verlaufen. Begleitet von den davon unbekümmert vorgetragenen Thesen des Philosophen irrt er in der Landschaft herum, seine verschissene Lage und die Hobbes'sche Theorie gleichermassen verfluchend. Es entsteht ein dichter Schlagabtausch zwischen beiden Männern. Doch irgendetwas in seiner szenischen Realisierung gerät aus den Fugen. Das fängt schon damit an, dass die Kamera Hobbes langsam ins Gegenlicht, in die Silhouette fährt und ihn so, wie sich bald zeigen wird, gewissermassen ausserhalb von Zeit und Raum stellt. Um so mehr verstrickt sich der Sekretär in beide. Denn obwohl auch seine Situation die Einheit von Ort und Zeit voraussetzt, wird die seine ebenfalls aus den Angeln gehoben, indem er, trotz genauen Bewegungs- und Dialoganschlüssen, die die Realzeit des Geschehens betonen, durch eine Vielzahl von Landschaften gepurzelt wird. Der Zuschauer ist durch derart immer wieder auftauchende «Sehkrümmungen» gezwungen, diese harmonikahafte Faltschachtel ein Stück weit selber neu zusammenzusetzen, die Balgereien seiner Windkammer zu rekonstruieren. Das schafft er, soviel ist klar, nicht auf den ersten Blick. Am besten er zieht dafür selber ein in dieses Luftschloss, macht sich eine Zeitlang auf dieser Quetschkommode breit, um so, gewissermassen im Windschatten, diese verwinkelte Balgen-camera-obscura in all ihren Luftröhren und Krummdärmen kennen zu lernen. Deshalb: Lass es in Zeitlupe orgeln, dieses Kinokordeon, halte mit Einzelbildschaltung die Luft in seinem Trecksack an! Her darum mit dem Videoband! Ja, davon träume ich: Eine VHS-Kopie nach dem Kino direkt an der Kasse! Damit liessen sich die Falten solcher zusammengeknüllten Mastdärme auf einmal und bequem pli selon pli auseinanderschieben. Dann hätte weder Hobbes noch ich mehr länger alleine die Lufthoheit in dieser Balgenkamera inne, sondern, und letztendlich vor allem – Sie.

*** Ich weiss, man soll's nicht übertreiben, aber ist die Harmonikametapher nicht auch ein brauchbares Bild für das grundsätzliche ästhetische Verhältnis von Welt und Kunst? Wie das Akkordeon die es umringende Luft hat mein Film Realität in sich aufgesaugt. Historisches, Philosophisches, Autobiographisches gar und Politisches sind durch die Ventile ins Innere des Werks gedrungen, aber wie beim Akkordeon ist das An- und Aufgesaugte durch ein mehrmanualiges Zungenwerk gepresst worden, das die Aussenluft, sprich das Reale, in neue Schwingungen versetzt hat und also von Grund auf verwandelt. Was vormals als blasse Atmosphäre im Raum stand, hat auf einmal zu singen angefangen, und was einst nur das private Barometer registrierte, pfeifft jetzt in alle Welt hinaus.

Dieser Artikel ist in der Printausgabe Nr. 2/1991 erschienen. Stöbern Sie in unserem Ausgabenarchiv.

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