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Alien 5

''Ich kann ein Monster erschaffen, das nicht überzeugt, nur weil ein Idiot es falsch beleuchtet hat''

«Irgendwie prägt einen die Umgebung, in der man aufwächst. lch hatte ein fensterloses Spielzimmer.»

Text: Roland Schäfli / 01. Apr. 1992

Alien beschäftigt sich eigentlich mit der Vergewaltigung der Frau. In einer Schlüsselszene schiesst Blut wie eine Ejakulation aus dem Brustkorb von Schauspieler John Hurt, und das Alien, das klar als Phallussymbol zu erkennen ist, windet sich aus der Öffnung. War es Ihre Idee, das Wesen als Phallus zu gestalten oder stand das schon so im Script?

Die Dekors und Monster mit phallischen Zügen zu versehen ging meist auf eine Idee von Ridley Scott zurück. Er hat mir beschrieben, wie er sich das Visuelle vorstellt, und ich habe die Monster dann gestaltet.

Wir wollten im ersten Teil den Zyklus der Geburt des einen Monsters zeigen: erst das Ei, aus dem ein spinnenähnliches Wesen den Schauspieler anfällt und ihm die Brut in den Bauch pflanzt, dann der «Chestbuster», der ausbricht und sich zum grossen Alien wandelt. Ich hatte erst einen ganzen Eiersilo entworfen, darauf kam ich durch einen Eierkarton. Beim ersten Alien standen aber noch nicht unbeschränkt finanzielle Mittel zur Verfügung, weshalb ich das ganze etwas kleiner konzipieren musste. So hat ein Schweizer Eierkarton einen Hollywoodfilm inspiriert.

Der «Chestbuster», den Sie ansprechen, sollte erst ganz anders aussehen. Anfänglich hatte er kleine Hände, und wenn er so aus dem Brustkorb gekommen wäre, hätte er ausgesehen, als ob er Männchen machen würde. Ich sagte, die Händchen müssen weg, sonst sehe das Ding aus wie ein Murmeltier. (lacht) Ich habe auch durchgesetzt, dass der «Chestbuster» ohne Augen zur Welt kommt. Die Amerikaner stellen sich ein Monster immer mit riesigen, glotzenden Augen vor. Ich finde eine Blindschleiche viel unheimlicher. Nachdem also Augen und Hände weggelassen wurden, konnte man das Alien als Phallus gestalten.

Da der «Chestbuster» ein Phallussymbol darstellt, hätte er nicht als logische Konsequenz durch die Brust einer Frau brechen müssen?

Ridley Scott hat das absichtlich nicht so gemacht. Dadurch, dass eine Frau in der Hauptrolle dem Alien schliesslich allein gegenübersteht, hat er seine Aussage schon ziemlich klargemacht, ohne in der «Chestbuster»-Szene eine Frau zu verwenden. Scott liebt es, die angestammten Rollen zu vertauschen, so wie er es jetzt in Thelma and Louise gemacht hat. Hätte er in dieser Szene eine Frau verwendet, so wäre die logische Konsequenz gewesen, dass das Alien nicht durch den Brustkorb, sondern sagen wir, weiter unten, hervorbricht.

Es heisst, dass die Schauspieler in dieser Szene nicht auf den Spezialeffekt vorbereitet wurden, sondern völlig überraschend mit Blut bespritzt wurden.

Ridley Scott wollte echtes Entsetzen sehen, nicht gespieltes. Er hat den Schauspielern untersagt, die Monster vorher anzusehen. Seine Idee hatte Erfolg: Die Schauspielerin Vero nica Cartwright wurde wirklich hysterisch und hat herumgebrüllt. Und der Ausdruck auf ihrem Gesicht – den kriegt man nur hin, wenn man echt erschrocken ist. (lacht) Ich konnte also befriedigt von meiner Arbeit sein. Anfänglich dachte ich ja, das Alien würde recht steif agieren müssen, denn mit der Motorik hatte ich nichts zu tun. Es war auch Ridley Scotts Idee, das Maul mit Präservativen beweglicher zu machen. Es war wichtig für die Glaubwürdigkeit, dass so viele «Gesichtspartien» wie möglich bewegt werden können.

Alien 1

(Bild: Alien)

Leider wurde beim Projekt Teito Monogatari, in das ich involviert war, diesem wichtigen Aspekt überhaupt keine Bedeutung zugemessen. Die Japaner sparten am falschen Ende. Ich habe bei dieser Billigproduktion ungern mitgewirkt, eigentlich nur aus Gefälligkeit. Ich arbeite sowieso lieber an den Dekors, an einer utopischen Landschaft.

Ein überzeugendes Monster zu kreieren, ist schwierig. Bei meinen Entwürfen muss ich aufpassen, kein allzu menschenähnliches Monster zu zeichnen, weil sonst die Produktion einen Schauspieler in ein Gummikostüm steckt. Das Alien habe ich so schlank konzipiert, dass man mir keinen Schauspieler hineinzwängen kann – aber prompt fanden sie einen Darsteller, der schlank genug war!

Heute stehen bereits bessere Methoden zur Verfügung, und ich würde gern wissen, wie meine Ideen durch James Camerons neue Computertricks von Terminator II umgesetzt werden könnten.

Die 20th Century Fox hat Sie übergangen, als Aliens, die Fortsetzung des ersten Films, gedreht werden sollte.

Auch Ridley Scott wurde nicht hinzugezogen. In Hollywood ist es gang und gäbe, dass ein anderer den zweiten Teil macht; wahrscheinlich, weil er billiger ist. Trotzdem hätte ich Aliens gern gemacht.

Ihre Ideen wurden sogar für einen amerikanischen Comic übernommen. Ist das nicht eine furchtbare Verramschung Ihres «Kindes».

Da kann ich mich absolut nicht wehren. Die 20th Century Fox darf meine Idee verkaufen, wo sie will. Ich selbst habe aber kein Recht mehr dazu.

Glaubten Sie damals noch, Alien würde Ihre einzige Arbeit in Hollywood bleiben?

Ja, und ich fand es richtig schade, dass niemand einen Film über den Film drehte; dass niemand festhielt, wie das ganze entstand. Gemessen am Endresultat ist es umso erstaunlicher, dass die wenigsten Mitarbeiter vorher etwas mit Film zu tun gehabt hatten. Viele kamen frisch von der Kunstgewerbeschule.

Ich war so «angefressen» vom Projekt, dass ich das Geld, das ich verdienen würde, selbst investieren wollte, um eine einzige Szene zusätzlich, nach meinen Vorstellungen, zu drehen. Die Arbeiter dachten natürlich, ich wäre jetzt komplett durchgedreht.

Wie verliefen die Dreharbeiten aus der Sicht des Künstlers? Konnten Sie im Terminstress noch kreativ sein, improvisieren?

Es war ein ziemlicher Stress. Manchmal hätten mir einige Stunden gereicht, um eine Arbeit zu vollenden – aber die gab man mir nicht. Zum Beispiel der «Space-Jockey» (das fremde Wesen, das von den Raumfahrern tot aufgefunden wird): Ich habe Samstag und Sonntag und die Nacht hindurch an diesem Ding gearbeitet, weil die Szene schon abgedreht werden sollte. Keinem schien es etwas auszumachen, dass ich die Arbeit noch nicht für abgeschlossen hielt. Ich sass bis zum letzten Moment auf dem Kopf des «Space-Jockey» und malte und malte. In der ersten Einstellung – wie die Raumfahrer die Halle betreten – sieht der Jockey noch viel zu hell aus! In einer folgenden Grossaufnahme ist er dunkler geworden – einfach weil ich noch zwischen den einzelnen Aufnahmen weitergemalt habe.

War denn die Produktionszeit so schlecht geplant?

Sie war einfach zu kurz veranschlagt, um kreativ zu sein. Das ist immer so beim Film: Sie geben einem nicht die Zeit, die man braucht. Dann lagen auch die einzelnen Hallen so weit auseinander, dass ich ständig hin- und herrennen musste – wenn man das erste Mal bei so was Grossem dabei ist, will man eben nichts verpassen. Wie ich dann den fertigen Film sah, fragte ich mich, wieso ich mich eigentlich ständig aufgeregt hatte. Die Amis filmen eben, wie's gerade kommt. Mich hielt man für einen Spinner, weil ich alles so genau nahm.

Eine Ihrer Szenen, in denen das Alien den Schauspieler Tom Skerrit in einen Kokon einwebt, wurde geschnitten. Wie empfanden Sie das, nachdem Sie so viele Arbeit investiert hatten?

Es war eben schade um die Arbeit. Die Szene ist zwar gedreht worden; sie wurde rausgenommen, weil sie den Rhythmus der Spannung, die gerade anstieg, unterbrochen hätte.

Angeblich soll eine längere Version des Films existieren. Ist diese Szene wieder eingebaut worden?

Nachträglich wurde ein Dokumentarfilm über die Dreharbeiten zusammengestellt. Ridley Scott hat die Kokon-Szene eigenhändig wieder reingeschnitten. Ich sollte für den Dokumentarfilm auch einige Worte sprechen, wobei natürlich darauf geachtet wurde, dass ich nichts Nachteiliges über meine Arbeit sage.

War es schwierig, Alien durch die Zensur zu schleusen?

Nein, mit solchen Filmen gibt's in der Regel keine Probleme; nur wenn Erotik im Spiel ist. Natürlich war Alien auf seine Weise auch erotisch, aber nur hintergründig. In der letzten Szene, in der Ripley allein mit dem Monster konfrontiert wird, wollte Ridley Scott, dass Sigourney Weaver dem Alien nackt gegenübersteht. Die Szene wäre dadurch noch stärker gewesen. Sie beharrte aber auf Slip und Hemd.

Ein Pyromane soll den «Space-Jokey» bei einer Ausstellung verbrannt haben.

Leider verwahren die Filmstudios solche Requisiten überhaupt auch recht unvorsichtig. Das Modell des gestrandeten Raumschiffs zum Beispiel wurde aus Plastilin hergestellt. Im Lauf der Zeit verrottete das Modell und fing an, übel zu riechen. Oft haben die Studios zuwenig Platz, Modelle fachgerecht zu lagern, und lassen sie deshalb im Freien vergammeln.

Sie erhielten für Alien den Oscar und hofften damals, dass Ihrer Arbeit nun grössere Beachtung geschenkt wird. Hat sich das bewahrheitet?

Alien 3

(Bild: Alien)

Für mich als Künstler war der Oscar ein Desaster. Er hat mir sehr geschadet. Plötzlich nahm man mich nicht mehr für voll; mit einem aus Hollywood wollte man in der Kunstszene nichts mehr zu tun haben. Seither kauften die Museen meine Bilder nicht mehr. Vorher wurde meine Arbeit als Maler gelobt; nach dem Oscar hiess es plötzlich, meine Bilder seien ein «Schmarren» und meine Spritzpistolentechnik wurde kritisiert. Die Produzenten der Fox prophezeiten mir, dass mir nach dem Oscar alles offenstehen würde. Der Oscar war für mich aber nicht einmal mit finanziellem Erfolg verbunden. Er ist lediglich ein vergoldetes Stück Metall.

Nach all den unerfreulichen Ereignissen liessen Sie sich trotzdem wieder überreden, Alien III zu machen.

Ich sagte mir, wer auch immer Alien III macht, sie werden – wie im zweiten Teil – meinen Namen darunter setzen, auch wenn ich nichts damit zu tun hatte, also kann ich ihn genau so gut auch selbst machen. Natürlich dachte ich, noch einige kreative Ideen beisteuern zu können. Das Alien ist doch eigentlich mein Kind.

Ich hatte mir das neue Alien weiblich vorgestellt. Es sollte sinnliche Züge haben und sich dennoch in ein zähnefletschendes Monster verwandeln können. Die Fox hat diese Entwürfe aber nicht verwendet, sondern am ursprünglichen Alien festgehalten.

Gerüchte besagen, dass der Schluss von Alien III noch einmal neu abgedreht werden musste, weil er Terminator II zu sehr ähnelt.

Der Schluss musste in den Pinewood-Studios noch einmal neu gedreht werden. Davon war ich aber nicht betroffen, meine Arbeit bezog sich nur auf die Produktionsplanung. Natürlich hätte ich gerne auch beim Script und beim Drehen mitgemischt, aber die Fox wollte sich nicht dreinreden lassen. Ich bin für einen Monat verpflichtet worden, um vier Monster zu kreieren. Der «Facehugger», der den Schauspielern ins Gesicht springt, sollte diesmal im Wasser schwimmen. An einer erotischen Version des Alien war niemand interessiert. Auch hätte ich gerne einige Parasiten auf dem Körper des Monsters verteilt. Aber die Fox wollte wieder das geifernde, hässliche Ding des ersten Teils.

Ergab sich nach Alien keine weitere Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit Ridley Scott?

Doch, wir sassen eine Weile über einem Projekt namens «The Train»: Auf der Erdoberfläche gibt es nur noch wenig Sauerstoff, und ein gewaltiger, fünfst.ckiger Zug verbindet die Erdteile. Die Gefahr stellen einige Wesen dar, die sich diesen Lebensbedingungen angepasst haben. Eines Tages fährt eine dieser Kreaturen auf dem Zug mit in die Stadt.

Das wäre ein interessantes Material gewesen. Offiziell war ich noch gar nicht angestellt, habe aber schon monatelang Entwürfe geliefert. Scott hat sich mit Carolco eingelassen, die seine Kompetenzen immer mehr einschränkte. Plötzlich kam von Scott ein Anruf, mit dem er mir mitteilte, dass er aussteige. Er gab mir den Rat, dasselbe zu tun. Danach ist das ganze Projekt versandet. Kein Ton mehr von Scott. Kein Geld. Ich fühlte mich einmal mehr von den Amerikanern ausgenutzt. Und dennoch würde ich wieder mit Scott arbeiten, denn er ist einfach sehr gut. Er kann die Leute so begeistern, dass sie das Maximum geben.

Dasselbe passierte bei Dune: Die Verträge waren abgeschlossen; ich hatte meine Arbeit schon begonnen. Dino de Laurentiis stieg aus, und David Lynch übernahm. Zu jener Zeit war Star Wars noch nicht auf dem Markt, und für Science Fiction wurde nur wenig Geld ausgegeben. Und Dune ist nun mal ein wahnsinnig kompliziertes Buch, schwer zu realisieren.

Ich glaube, Sie sind unglücklich über Ihre Mitarbeit bei Poltergeist II.

Da bin ich so hineingeschlittert. Der Regisseur Brian Gibson wollte mit mir eigentlich das Projekt «The Tourist» verwirklichen. Das Drehbuch war gut, auch Ridley Scott war interessiert. Dann kam uns E.T. zuvor, und anschliessend setzte man auf solche kinderfreundliche Filme. Deshalb schlug Brian Gibson Poltergeist II vor. Erst bei den Dreharbeiten realisierte ich, dass Brian Gibson nicht das Format von Ridley Scott hat. Die Produzenten setzten ihn unter Druck, hatten aber vom Visuellen keine Ahnung. Gibson liess sie gewähren. Scott hatte vor Alien genug Commercials gemacht, um zu wissen, wie man den Zuschauer fesselt. Gibson hatte bis dahin kaum Erfahrung im Filmemachen. Er hatte nichts von Scotts Power. Ich lieferte ihm Entwürfe und stiess oft auf Unverständnis. Man müsste selber Regisseur sein – oder noch besser: den Regisseur dirigieren dürfen. Alles ist wichtig, von der Beleuchtung bis zur Musik. Ich kann ein Monster erschaffen, das nicht überzeugt, nur weil ein Idiot es falsch beleuchtet hat. Auch die Musik ist ein Teil des gesamten Kunstwerks. Die Alien-Musik von Jerry Goldsmith fand ich hervorragend. Er hat die Gefühle, die Angst und die Gefahr mit seiner Musik perfekt umgesetzt. Alien hatte eine logische Struktur. Poltergeist II hingegen war ein «ghost movie», das seine Handlung nicht gegenüber der Logik verantworten musste. Dem Publikum gegenüber ist niemand Rechenschaft schuldig.

In Poltergeist II gibt es eine interessante Parallele zu Alien: Wieder bricht ein Fremdkörper aus dem Magen. In diesem Fall erbricht Graig T. Nelson das fremde Wesen, übrigens wieder eine Art phallischer Kegel. Die Parallele besteht aber lediglich darin, dass Poltergeist II eine Ansammlung bekannter Szenen des Genres aufweist. In dieser Szene geht es wieder um die Angst darüber, was sich versteckt im Magen befindet. Aber ich war nicht zufrieden mit der Aufnahme. Richtig widerlich wäre die Szene erst, wenn sich das eine Ende des Erbrochenen schon bewegt, während der Schauspieler das andere noch im Mund hat. Da hat mir die japanische Umsetzung dieser Idee in Teito Monogatari besser gefallen. Der ganze Poltergeist II war meines Erachtens ein Reinfall.

Poltergeist ii

(Bild: Poltergeist II)

Das erbrochene Wesen beginnt dann zu wachsen – ganz wie in Alien.

Ich liess mich zu diesem arm-und beinlosen Menschen vom Kultfilm Freaks von Tod Browning inspirieren. Ich wollte, dass das Ding langsam wächst und sich entfaltet. Im Film wirken die Bewegungen der Kreatur aber viel zu rasch.

Wenn man Sie so reden hört, könnte man meinen, die Kreatur wäre nicht Ihrer Phantasie entsprungen, sondern Sie hätten das Ding wirklich gesehen und dann skizziert.

Nun ja, ich habe es gesehen. Ich schliesse die Augen und kann sehen, wie es sich bewegt.

Wie waren Sie mit der Umsetzung Ihrer Idee zum unterirdischen Massengrab des Reverends zufrieden, das von Graig T. Nelsons Familie entdeckt wird?

Im Script stand, dass der Reverend seine Anhänger in diese Grotte geführt und vergiftet hat. In diesem Sinn habe ich die Szene entworfen. Mit grotesken Leibern. Dann wurde das geändert. Statt dessen sollten die Gläubigen durch Sauerstoffentzug gestorben sein, was ein viel friedlicheres Bild ergab. In dieser Szene schlüpft eine Schlange aus dem Mund des Reverend. Ursprünglich hätte ich ihm aber lieber Würmer in die Ohren gesteckt, um die Hörner des Teufels zu suggerieren.

Auch zum Wurm, den Graig T. Nelson mit dem Tequila trinkt, lieferte ich diverse Entwürfe. Ich war sehr enttäuscht, wie kurz er zu sehen war und wie belanglos und harmlos er aussah.

Ich konnte die Werkstatt, in der Modellbauer meine Ideen umsetzten, leider nur einmal besichtigen. Zuvor schärfte man mir ein, dass keine Zeit mehr verbleibe, irgendwelche Änderungen vorzunehmen. Also lief ich einmal durch die Werkstatt und meinte: «Sehr schön».

Sie planen, einen eigenen Film zu realisieren: «The Mistery of San Gotthardo». Wie kommen Sie vorwärts?

Ich trage noch immer Ideen zusammen; ich zeichne und texte. Die Geschichte dreht sich um Wesen, die von Menschen als Biomechanoiden geschaffen wurden, aber lediglich aus Armen und Beinen bestehen – eine scheinbar perfekte Lebensform. Der Arm geht direkt ins Bein über. Ich suche noch immer einen geeigneten Texter, der in diesem Fall meine Entwürfe in ein Drehbuch umsetzt. Ich habe einmal bei Dürrenmatt angefragt, aber er starb, noch bevor wir zusammen diskutieren konnten. Auch Jim Henson, den «Muppet»-Puppenspieler, den ich aus London kannte, fragte ich. Wir waren zusammen bei David Bowie eingeladen, als wir ins Gespräch kamen. Er fand meine Idee gut. Eine Woche darauf war auch er tot. Nun würde ich mich mit meinem Plan gerne Clive Barker anvertrauen, dessen Arbeit ich schätze.

Wie wäre es, den Film ganz als Schweizer Produktion zu gestalten – mit Ihnen als Ausstatter und Xavier Koller als Regisseur? Die beiden Schweizer Oscars dürften dem Film das nötige Prestige verleihen.

Diese Idee kann nur in Hollywood verwirklicht werden, da die Glaubwürdigkeit der Geschichte stark von den Special Effects abhängt – und die werden nun mal in Amerika am besten gemacht.

Diese Protagonisten Ihrer neuen Geschichte – sind sie noch immer Symbol einer Gesellschaft, die Angst vor einem Atomkrieg hat?

Ja. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Welt einmal besser wird.

Ich will beim Publikum – obwohl diese Kreaturen bösartig sind – Mitleid auslösen. Verständnis für das Ausgeliefertsein.

Wo liegt die Quelle Ihrer Inspiration?

In Chur! Ich habe schon oft von unterirdischen Gängen gehört, die unter der Stadt Chur verlaufen, aber bisher hat sich niemand bereit erklärt, sie mir zu zeigen. Vielleicht sind diese Gewölbe ein Hirngespinst, aber sie interessieren mich. Der Stadtpräsident wollte sie an meinem fünfzigsten Geburtstag mit mir besichtigen; leider wurde noch nichts daraus.

Sie hatten in Ihrer Jugend ähnliche Gewölbe der Inspiration; einen Keller, der Sie gleichermassen faszinierte und abstiess.

Irgendwie prägt einen die Umgebung, in der man aufwächst. lch hatte ein fensterloses Spielzimmer. Die Wohnung war düster, und so malt man später eben keine Landschaften mit viel Sonne. Die Töne meiner Arbeiten entsprechen denen jenes Kellers: viel Grau und Schwarz.

Das Gespräch mit H. R. Giger führte Roland Schäfli

(Titelbild: Alien; letztes Bild: Freaks)

Freaks 3

Dieser Artikel ist in der Printausgabe Nr. 1/1992 erschienen. Stöbern Sie in unserem Ausgabenarchiv.

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