In Europa ist noch nicht allzu viel davon zu spüren, aber in den USA gehen die Streaming Wars schon diesen Herbst in ihre heisse und vielleicht entscheidende Phase: Mit Apple TV+ (seit dem 1. November, bislang in 100 Ländern verfügbar) und Disney+ (startet morgen in den USA und zwei anderen Ländern, in Europa grossflächig ab März 2020) bringen zwei der führenden Entertainmentkonzerne eigene Streamingdienste an den Start. Gekämpft wird um einen rasch expandierenden Markt, der bislang von Netflix und Amazon dominiert wurde, also von zwei vergleichsweise jungen, vorwiegend im Internet aktiven Unternehmen. Apple und Disney sind hingegen bereits (im Fall von Disney: viel) länger weltweit erfolgreich und versuchen nun, ihr Geschäftsmodell neuen Gegebenheiten anzupassen. Wobei die in beiden Fällen wenig originelle Betitelung des neuen Dienstes doch auf eine gewisse Unsicherheit verweist.
Insbesondere die Entwicklung von Disney+ gilt es genau zu beobachten. Im Kino hat sich die Mutterfirma, dank der Erfolge der hauseigenen Marken Marvel und Star Wars sowie zuletzt durch die Übernahme des Konkurrenten 20th Century Fox, eine marktbeherrschende Stellung erarbeitet. Der Streamingdienst kann aus dem Vollen schöpfen, wenn auch nicht ganz von Anfang an: aufgrund bestehender Verträge sind viele Marvel-Blockbuster noch bis auf Weiteres bei Netflix verfügbar. Das Startangebot von Disney+ dürfte vergleichsweise schmal ausfallen, wird in der Folgezeit aber vermutlich schnell wachsen. Sollte Disney die Konkurrenz auch noch im Internet aus dem Feld schlagen, könnte sich der Konzern eine Monopolstellung erarbeiten, wie es sie in der Populärkultur bislang nicht gegeben hat; mittelfristig könnten sich daran ähnliche Diskussionen entzünden wie die um eine mögliche Zerschlagung von Online-Giganten wie Facebook und Google.
Andererseits ist darauf zu verweisen, dass das Streaminggeschäft bis auf Weiteres fast überall und auch von Disney auf Pump betrieben wird. Selbst der bisherige Marktführer Netflix macht bislang (zum Teil gigantische) Verluste – in den nächsten Jahren dürften alle Kontrahenten Unsummen in ihre diversen Projekte investieren. Das sind Wetten auf eine unsichere Zukunft: Es ist keineswegs sicher, ob es überhaupt jemals ein Geschäftsmodell geben wird, das multinational operierenden Streamingfirmen langfristige Gewinne garantiert. Die Umrisse unserer künftigen multimedialen Umwelt sind derzeit noch nicht einmal im Groben erkennbar.

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