This is a film that takes place,
in between a hard place, a hard drive, and an imaginary, a soft space –
the cloud that holds my data, and
in the soft grey matter, contained within the head.
– All That Is Solid (2014, Louis
Henderson)
Unter dem Titel All That Is Solid diskutierte der Filmemacher Louis Henderson im Jahr 2014, was es auf sich hat mit den Imaginationen eines weltumspannenden technischen Netzwerks von Wissen und Macht. Ein Netzwerk, das mithilfe einer kapitalistischen Ausbeutungsindustrie errichtet wurde. Über allem schwebt in seinem filmischen Weltentwurf die Cloud und damit ein industrieller Datenspeicher in der Hand grosser Konzerne, dessen Form im kommerzialisierten World Wide Web ungreifbar geworden ist. Informationen und Datenpakete haben die physische Welt scheinbar verlassen, schweben regelrecht in den Wolken – so die Rhetorik der Konzerne, die diese Wolken kontrollieren. Henderson findet Bilder, um diese Rhetorik als Irrglauben und als Scheinwahrheit zu kritisieren.
Das weltumspannende Netzwerk des Internets erscheint in All That Is Solid als Grundlage des Wissens und Denkens, durch seine Strukturen haben sich die Menschen und ihre Wahrnehmung unwiderruflich verändert. Daher ist es unabdingbar, das Web zu politisieren, es historisch und wirtschaftlich zu verorten.
Vom Display zum Bildraum
Was Hendersons Filmessay neben seinem Scharfsinn, seiner Aktualität zur Pandemiezeit auch auszeichnet, ist dessen Form: All That Is Solid spielt sich ausschliesslich im Rahmen eines Desktops, einer Benutzeroberfläche, ab. Ein Bildraum ausserhalb des Computerdisplays ist gar nicht erst vorhanden.

Das Technische ist hier also nicht nur die Grundlage des Denkens, sondern auch des Sehens. Die Bilder, die gezeigt werden, werden durch einen Mauszeiger angeklickt, daneben erscheinen Browserfenster mit Webseiten wie Google und Wikipedia. Henderson zeichnet ein Weltbild, in dem sich das Reale nur noch aus der Distanz über einen technischen Filter erschliessen lässt und schliesslich der Bezug zur Realität im technischen Bildraum verloren geht.
Ein Film, der sich einreiht in eine junge, rund zehn Jahre alte Spielart, die weithin als Desktopfilm oder screen movie geläufig ist und sich die Computer-Benutzeroberfläche als Leinwand, Membran und Schwelle zur Welt vorstellt. Bereits 2010 erzählte der Filmemacher Adam Butcher in einer solchen Form die Geschichte eines Briten, der sich inspiriert von einer Website auf die Suche nach einem vergrabenen Goldschatz macht und am Ende sein Verderben findet. 2013 folgte Noah von Patrick Cederberg und Walter Woodman die Trennung eines jugendlichen Paars, das sich über soziale Netzwerke voneinander entfremdet. Im gleichen Jahr veröffentlichte der Medienkünstler Nick Briz sein Filmessay Apple Computers, und die Künstlerin Camille Henrot untersuchte in ihrer Videoarbeit Grosse fatigue die Poesie der Desktopoberfläche.
Der ganze Artikel findet sich in der Printausgabe N° 6 / 2020. Jetzt hier bestellen!
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