Drei Millionen Kinokarten zu wenig verkauften Schweizer Kinos im ersten Halbjahr dieses Jahres. Das sind mehr als die Hälfte der Verkäufe des Vorjahrs, die weggebrochen sind, 52 Millionen Franken Umsatz fehlen dementsprechend. Die Krise im Filmgeschäft will und will kein Ende nehmen und die desaströse Lage für die Kinos ist dabei nur ein einzelnes Puzzleteil.
Die Corona-Pandemie hat die ganze Branche noch immer fest im Griff. Produktionen stehen von Zürich bis Hollywood still, während die Filmgiganten konsequenter denn je auf digitale Verwertung setzen. Doch dazu später und noch einmal zurück zu den Kinos: Trotz Schutzkonzepten und diversen Versuchen von Seiten der Betreiber_innen, die Programme mit Schätzen aus dem Archiv aufzupeppen, bleiben die Säle vielerorts leer. Sogar Fussballspiele gingen da und dort über die Leinwände, weil deren Besitzer_innen sich davon höhere Besuchszahlen versprachen. Doch auch das war weitgehend vergebliche Liebesmüh.
Verleihe und Kinos werden umgangen
Nicht einmal Tenet, die grosse Hoffnung aller Lichtspielhäuser, vermag die finstere Bilanz aufzuwerten. Zwar sahen sich in der Schweiz immerhin 55 000 Personen den neusten Streifen des britischen Regisseurs Christopher Nolan gleich am ersten Wochenende an. Das gab vielen Kinobetreiber_innen Hoffnung.

Drehpause am Set von Frankenstein (1930)
Noch immer scheint es Filme zu geben, die sich das Publikum lieber im roten Plüschsessel als auf der heimischen Polstergruppe anschaut. Doch im Vergleich zu anderen Jahren war auch Tenet nur ein bescheidener Erfolg: Der mit über 600 000 Eintritten meistgesehene Film von 2019 – Disneys Digitalanimation des Zeichentrickklassikers The Lion King – erreichte an seinem ersten Wochenende ein etwa doppelt so grosses Publikum. Und Spectre, die 24. Episode der Agentensaga um Commander James Bond, schauten sich 2015 allein in den ersten Tagen sagenhafte 343 000 Personen an. Bis Redaktionsschluss kam Tenet in der Schweiz auf nicht einmal 200 000 Zuschauer_innen.
Dass die Filmfans sich wegen der Pandemie nicht mehr ins Kino trauen, ist dabei nur die eine Seite der Krise, die die Branche seit Monaten in Atem hält. Die andere Seite hat zwar auch mit dem Coronavirus zu tun, aber nur indirekt. Es geht darum, dass die internationalen Streamingkonzerne den regionalen Verwertungsgesellschaften zusehends das Wasser abgraben. Dieser Prozess hat sich während des Lockdowns noch einmal rasant beschleunigt. Im Frühjahr brach die Produktionsfirma Universal Studios ein Tabu, als sie beschloss, den Kinderfilm Trolls World Tour ausschliesslich zu streamen.
Die Kinos und Verleihe waren bestürzt und schrien auf – sie fühlten sich übergangen. Denn Universal nahm mit dem Film mal kurz 150 Millionen Dollar ein, während sie leer ausgingen. Im Herbst folgte Disney dem Beispiel und strich seine Realfilmadaption des Zeichentrickklassikers Mulan in vielen Ländern ganz einfach aus den Startlisten der Kinos, um die Premiere exklusiv auf der eigenen Onlineplattform stattfinden zu lassen. Hält dieser Trend an, droht den Kinos auf der ganzen Welt eine düstere Zeit.
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