In den 16 Jahren ihres Bestehens hat die Firma Box Productions etliche bemerkenswerte Spielfilme koproduziert, etwa Mon frère se marie (Jean-Stéphane Bron, 2006) und Home (Ursula Meier, 2008), aber auch Até ver a luz (Basil da Cunha, 2013), As mil e uma noites (Miguel Gomes, 2015) und Ceux qui travaillent (Antoine Russbach, 2018). Box Productions wurde 2004 von Elena Tatti und Thierry Spicher in Renens gegründet und ist heute in Lausanne ansässig. Dazu gehört mittlerweile auch die Filmverleih- und Werbeagentur Outside the Box, die für die Lancierung von Heidi (Alain Gsponer 2015) auch schon mit Disney zusammengearbeitet hat.
Nun hat Outside the Box mit «Au Ciné comme les grands!», ein kuratiertes Kinderprogramm fürs Kino, auch das Angebot für Drei- bis Sechsjährige ausgebaut. Ziel ist, den Kleinsten das Medium Film in einer Form zugänglich zu machen, die sich von der üblichen Fernsehkost und von Hollywoodproduktionen abhebt. «Es gibt einen Markt dafür, auch wenn es alles andere als einfach ist», sagt Thierry Spicher. Die Aufmerksamkeitsspanne von diesem jüngeren Publikum liege zwischen 40 bis maximal 60 Minuten. Daher richten sich nur wenige Spielfilme an diese Gruppe, die das Kinopublikum von morgen sein könnte. Das Programm von «Au Ciné comme les grands!» besteht darum fast ausschliesslich aus Kurzfilmen – und startete übrigens im November auch in Deutschschweizer Kinos unter dem Titel «Grosses Kino für die Kleinen».

Home – Regie: Ursula Meier
Schweizer Animation
Bei Outside the Box ist Laura Grandjean für dieses Kinderprogramm verantwortlich. Sie ist auch Leiterin des Kinos CityClub in Pully, und organisiert seit Jahren Filmvorführungen für Kinder. Ein Problem, mit dem sie zu kämpfen hatte, ist regulatorischer Natur: Viele anerkennen Filme unter 60 Minuten Länge nicht. Es benötigte einiges an Lobbyarbeit beim Bundesamt für Kultur und bei der Westschweizer Stiftung für Filmförderung Cinéforom, bis der Verleih und die Verwertung von Programmen mit mehreren Kurzfilmen überhaupt gefördert werden konnten. Dabei müssen fürs Kinderprogramm jeweils Rechte für die ganze Schweiz ausgehandelt und Synchronfassungen erstellt werden, was zu erheblichen Kosten führt.
«Wenn man sich Kurzfilme für Kinder ab drei Jahren anschaut, entdeckt man eine grosse Vielfalt», freut sich Laura Grandjean und nennt als Beispiele Chien Pourri, la vie à Paris und Pirouette et le sapin de Noël aus ihrem November- und Dezemberprogramm. Die rund 50 Kinos, die derzeit mit Outside the Box zusammenarbeiten, können diese Filme frei programmieren. Im kommenden Januar wird «Zibilla und andere kurze Geschichten über das Anderssein» zu sehen sein: Ein Programm mit sieben Titeln, darunter fünf Schweizer Produktionen. «Man ist sich dessen oft nicht bewusst, aber es gibt hierzulande viele Produktionsfirmen, die auf Animation spezialisiert sind, wie zum Beispiel Nadasdy Film in Genf», sagt Laura Grandjean. Um das Kinoerlebnis nachhaltig zu gestalten, gibt es zu jedem Programm ein Heft mit lustigen und pädagogisch wertvollen Inhalten.
Live im Netz
In diesem ganz besonderen Jahr 2020 hat sich Outside the Box nicht nur mit dem Nachwuchspublikum befasst: Während des Lockdowns im Frühling kam Thierry Spicher die Idee einer wöchentlichen Sendung, die live im Internet ausgestrahlt wird und auch als Podcast zur Verfügung steht: «Make TV Great Again». Filme, die in der Zeit der geschlossenen Kinos als Video-on-Demand erschienen, sollten durch dieses Format unterstützt werden. Jeweils am Mittwochabend führte der Produzent ein längeres Interview; die Sendung gab auch regelmässigen Beiträgen von teils jungen Kritiker_innen eine Plattform.

Zibilla – Regie: Isabelle Favez
Zunächst entstand eine erste Serie von Sendungen mit Drehbuchautor Antoine Jaccoud, Schauspieler Kacey Mottet Klein oder Kinobetreiberin Edna Epelbaum als Gäste. In der Folge hat sich Thierry Spicher mit Imaginastudio für eine weitere Saison zusammengetan, die noch bis Juni dauert. Es geht nun weniger um aktuelle Filmstarts als um Gespräche zu Film und Kulturpolitik im weiteren Sinne. Zu Gast waren etwa die Persönlichkeiten Nicolas Wadimoff, Frédéric Maire, Christian Jungen oder Mischa Hedinger.
Derzeit schauen sich auf den diversen Kanälen 1500 bis 2000 Menschen mindestens einen Teil der Sendung an. «Unser Publikum besteht hauptsächlich aus Fachleuten aus der Branche, aber ich hoffe, wir können nach und nach auch weitere Kreise ansprechen», sagt Thierry Spicher.
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