Unter dem Vorzeichen des «Wahren» entfalten Urban Legends moralische Lektionen: Geht auf keinen Fall allein vor die Tür, der Killer lauert wahrscheinlich bereits auf dem Rücksitz eures Autos, lernt man etwa. Metropolen sind Sündenpfuhle, neue Technologien, fremde Kulturen stecken in diesen unwahren, aber unterhaltsamen Geschichten voller Gefahren. Wahre Kriminalfälle, nacherzählt in Serien auf Netflix, muten im ersten Moment ähnlich an: Fahrt nicht alleine auf das Grundstück eines dorfbekannten Querulanten, sagt uns Making a Murderer (2015–18), lasst eure Kinder nicht unbeaufsichtigt (Grégory und The Disappearance of Madeleine McCann, beide 2019) und nehmt abends keine Fremden nach Hause (The Innocent Man 2018). Oder, neuerdings: Legt euch nicht mit devianten Kreaturen im Internet an.
Letzteres lernen wir in der Miniserie Don’t F**k with Cats: Hunting an Internet Killer, die kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres ebenfalls auf Netflix erschienen ist und ob den darin dargestellten grausigen Taten sofort rege Diskussionen in den sozialen Medienauslöste. Genau wie die modernen Sagen wirkt das Erzählte wie ein Symptom unserer Zeit: Luca Magnotta, ein verurteilter kanadischer Mörder und Tierquäler, hatte seine Taten gefilmt und auf Internetplattformen verbreitet. Der Dreiteiler über ihn auf Netflix ist, darin gleicht er den Urban Legends, die Gruselgeschichte unserer digitalisierten Welt.
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