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Monsters university 01

Monsters University

Als Monster Inc. vor mehr als elf Jahren in die Kinos kam, war man zunächst ein wenig irritiert. Ein Animationsfilm, in dem es um Angst geht, um das Erschrecken von Kindern? Um Monster, die in einer Parallelwelt leben und den Schreckensschrei der Kleinen als Energiequelle nutzen?

Text: Michael Ranze / 12. Juni 2013

Als Monster Inc. vor mehr als elf Jahren in die Kinos kam, war man zunächst ein wenig irritiert. Ein Animationsfilm, in dem es um Angst geht, um das Erschrecken von Kindern? Um Monster, die in einer Parallelwelt leben und den Schreckensschrei der Kleinen als Energiequelle nutzen? Doch nach den ersten Bedenken erlag man rasch dem eigentlichen Clou: Diese Monster waren mit ihren Eigenheiten und Fehlern nicht nur sehr menschlich, auch die Idee, die klassischen Mythen des Horrorkinos ins Gegenteil zu verkehren und die reale Welt der Menschen im Jenseits zu verorten, durch das man nur durch eine Tür Eintritt erhält, war bestechend. Natürlich könnte man solch ein Erfolgsrezept noch einmal neu auflegen und fortsetzen. Doch die Macher bei Pixar haben sich etwas anderes einfallen lassen und erzählen einfach die Vorgeschichte – nach dem Motto «Bange machen will gelernt sein». Und so gibt es ein Wiedersehen mit dem einäugigen Mike, der aussieht wie ein grünes Ei auf zwei Beinen, und dem bunten Bären Sulley. Wie schon vor elf Jahren werden sie im Original wieder von Billy Chrystal und John Goodman gesprochen. Witzig-vorlaut der eine und warmherzig-gemütlich der andere – zu den Stärken der Pixar-Filme zählt, dass die Macher schon im Vorfeld die Sprecher für den Charakter im Hinterkopf haben und ihn dann auf sie zuschneiden. Als Mike und Sulley sich auf der Monsters University kennenlernen, können sie sich zunächst gar nicht leiden. Zu unterschiedlich sind sie, nicht nur äusserlich: Mike, der fleissige, wortgewandte, begeisterte Bücherwurm, der die Geschichte des Schreckens und seine theoretischen Grundlagen auch im Schlaf runterrattern könnte. Und Sulley, der Faulpelz, der sich lieber auf seine riesige Gestalt und sein furchterregendes Gebrüll verlässt und sich ansonsten der geselligen Seite des Studentenlebens widmet. Zahlreiche Teeniekomödien, aber auch Horrorfilme haben sich dem realen Schrecken des Campus gewidmet: Verlassen des Elternhauses, neue Umgebung, Anpassungs- und Leistungsdruck, Gruppenbildung und Aussenseitertum. Regisseur Dan Scanlon und seine Koautoren Robert L. Baird und Daniel Gerson beziehen sich zunächst auf Bekanntes und Gesehenes, um dann ihre beiden Charaktere in eine Serie fast schon hysterisch-fantastischer Situationen zu werfen. Die Handlung kommt in Gang, als bei den Schreckspielen das beste Monsterteam der Uni gekürt werden soll. Zu dumm nur, dass die Dekanin Hardscrabble, gesprochen von Helen Mirren, Mike von vornherein keine Erfolgsaussichten einräumen will. Er und Sulley müssen sich, verstärkt durch andere Aussenseiter, zusammenraufen und auf ihre Stärken besinnen, wollen sie überhaupt eine Chance haben.

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Im Folgenden geht es also um Werte wie Zusammenhalt, Selbstvertrauen, Intelligenz und Erfindungsreichtum. Wie schon in anderen Pixar-Filmen, von Toy Story bis Cars, verleihen die Autoren ihren Figuren menschliche Werte, mit denen allein sie sich behaupten können. So laden sie wie selbstverständlich zur Identifikation ein. Monsters University folgt der Philosophie von Pixar-Gründer John Lasseter: Die Geschichte geht immer vor, nicht das technisch Machbare. So präsentiert Dan Scanlon überlebensgrosse Charaktere, über die und mit denen man herzlich lachen kann. Der besondere Clou: Der Campus ermöglicht, neben dem Wiedersehen mit alten Bekannten, eine Vielzahl neuer, phantasievoll erdachter und liebevoll animierter Figuren, die vom Ideenreichtum der Autoren zeugen. Von Hardscrabble über Art (der aussieht wie ein Viadukt mit zwei Händen) bis zu den arroganten Mitgliedern der Roh Omega Roh – sie alle sind von einer Detailfreudigkeit und optischen Brillanz, die durch die wahnwitzigen und dynamischen Wettbewerbe, in denen sie gewinnen wollen, noch verstärkt werden.

Dieser Artikel ist in der Printausgabe Nr. 4/2013 erschienen. Stöbern Sie in unserem Ausgabenarchiv.

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