In einem heissen Sommer in Colorado brannte das Haus der Grossmutter von Regisseur Max Walker-Silvermans nieder. In diesem Ereignis fand er nicht nur Verlust und Zusammenhalt, sondern auch eine Idee für seinen zweiten Spielfilm nach A Love Song (2022). Walker-Silverman lässt den Ranchbesitzer Dusty, gespielt von Josh O’Connor (La chimera, Challengers), das gleiche Schicksal widerfahren – eines, das mit Blick auf die realen Waldbrände in Los Angeles Anfang 2025 kein Einzelschicksal ist. Zusammen mit anderen Betroffenen findet er ein neues Zuhause in einem von der Federal Emergency Management Agency (FEMA) bereitgestellten Camp. Dort findet er nicht nur ein Gefühl der Zusammengehörigkeit mit den anderen Bewohnenden, sondern auch mit seiner Tochter Callie Rose (Lily LaTorre) und seiner Ex-Frau Ruby (Meghann Fahy).
Rebuilding erinnert in seiner Beziehungsdynamik an Walker-Silvermans Lefty/Righty (2019), in dem sich ein geschiedener Cowboy nach einem Todesfall in der Familie um seine Tochter kümmert. In jenem ruhigen Kurzfilm zeichnete sich bereits ab, dass der Regisseur ein Gespür für die kleinen Momente hat, die dann aber umso stärker in Erinnerung bleiben.
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Rebuilding zeigt das Leben nach der Tragödie. Nur die kahlen Bäume und das tote Holz zeugen vom Waldbrand, der zuvor gewütet und die Landschaft nachhaltig zerstört hat. Von dem, was war, ist nur noch Schutt und Asche übrig, und auch das wird weggeräumt. Dusty, der nach dem Brand eigentlich bloss Geld sparen will, damit er sich in Montana, weit weg von allem, ein neues Leben aufbauen kann, muss sich dann aber mit seiner Tochter herumschlagen. Eine von Distanz geprägte Beziehung wird neu verhandelt. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter entwickelt sich synchron zu dem zwischen Dusty und den Menschen in seinem Umfeld.
Der Film gibt den Szenen die nötige Zeit, und so entwickelt sich in der Stille eine bewegende Kraft. Kleine Momente wie leuchtende Sterne an der Wand eines Wohnwagens oder eine warme Mahlzeit an der Türschwelle eines Nachbarn, diese kleinen Gesten der Hilfsbereitschaft und Solidarität zeigen die Resilienz der Menschen.
Josh O’Connor kommt dabei ohne viele Worte aus, in seinem Spiel liegt eine ruhige Schwere, welche die bleierne Situation in jeder Einstellung spürbar macht. Seine Taten sprechen dafür für ihn. Er ist der einsame Cowboy, der nur sehr langsam auftaut. Trotz all der neuen Kontakte, die er im FEMA-Camp knüpft, bleibt Dusty grösstenteils ein Mysterium. Weder seine Vergangenheit noch aktuelle Interessen scheinen gross hindurch. Als Person ist die Figur wenig greifbar – fast so, als wäre seine Persönlichkeit ebenfalls im Feuer verloren gegangen.
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Trotzdem funktioniert die distanzierte Haltung, denn in ihr lässt sich die Thematik des Films aushandeln: Was ist ein Cowboy ohne Ranch, ohne seine Kühe? Was bleibt, wenn das Materielle weg ist? Grosse Fragen, auf die es keine direkten Antworten gibt, aber vielleicht auch gar nicht geben muss. Was bleibt, sind die Erinnerungen an damals und der Wille, neu anzufangen.
Rebuilding erzählt in sanften Tönen eine Geschichte über Familie und Zusammenhalt in schweren Zeiten. Es ist ein ruhiger, langsamer Film, der sich Zeit lässt, Beziehungen zu entwickeln. Schon kleine Gesten hinterlassen ein warmes Gefühl und zeigen, wie wichtig Gemeinschaft ist.
Junge Kritik
Diese Kritik entstand im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK).