One Night in Miami

Regina King
Vier afroamerikanische Legenden kommen zu einem fiktiven Treffen zusammen, um über die Bürgerrechtsbewegung, Rassismus und ihre Karrieren zu sprechen. Regina King verwandelt in ihrem Regiedebüt gekonnt das Bühnenstück von Kemp Powers in ein Spielfilmdrama.
Am 25. Februar 1962 kam Cassius Clay (Eli Goree), später bekannt als Muhammad Ali, mit drei Freunden – dem Bürgerrechtler Malcolm X (Kingsley Ben-Adir), dem NFL-Star Jim Brown (Aldis Hodge) und dem Sänger Sam Cooke(Leslie Odom Jr.) – zusammen, um seinen Weltmeistertitel gegen Sonny Liston zu feiern, über das Civil Rights Movement zu sprechen und ihr Leben zu reflektieren. So erzählt es zumindest das Bühnenstück des amerikanischen Autors Kemp Powers, der in diese fiktive Ausgangssituation ein intensives, sozialkritisches Drama eingebettet hat.
Angereichert mit wahren Anekdoten und dokumentierten Charaktereigenschaften der Figuren, erhebt sich die Geschichte aus einer reinen Wunschfiktion heraus und bietet emotional realistische Anknüpfungspunkte. Alles, was die vier Figuren sagen, wirkt, als hätte es so wirklich passieren können. Dadurch entsteht ein einmaliger Einblick in die Sichtweisen von vier Schwarzen Männern, die fern der dominanten Weltanschauung ihrer Weissen Mitmenschen den Status quo der Gesellschaft analysieren können.
Oscargewinnerin Regina King ist es gelungen, das Stück zu einem herausragenden Film zu adaptieren. Die Inszenierung, die Kameraarbeit und die Dynamik der Figuren durchbrechen die starre Ein-Schauplatz-Vorgabe des Theaters. Ihr Stil, unaufgeregt und doch fliessend, schafft einen dynamischen Raum, in dem sich Powers’ Zeilen entfalten können, ohne durch überstilisierten Sechzigerjahre-Kitsch oder Überdramatisierung erdrückt zu werden.

Die Auseinandersetzung ergibt sich aus den verschiedenen Ideologien und Positionen, die die vier in Bezug auf ihre Rolle in der Bürgerrechtsbewegung einnehmen. Auf der einen Seite Malcolm X, der an seinen eigenen Überzeugungen als Mitglied der Nation of Islam zweifelt, seine Freunde aber mehrmals selbstgerecht auffordert, sie müssten sich ihrer machtvollen Vorreiterrolle in der Bewegung bewusst werden.
Sam Cooke auf der anderen Seite, der sich verletzt fühlt durch den Vorwurfs, sein Musikbusiness diene nur der Unterhaltung von Weissen und selbst Bob Dylan trage mit «Blowing in the Wind» mehr zum Widerstand bei. Erfolg in der Welt der Weissen zu haben, bedeute für ihn nicht, seine eigenen Leute vergessen zu haben. Nicht umsonst wird der an sich schon grossartige Jazz-Soundtrack von Terence Blanchard am Schluss von der klassischen Civil-Rights-Hymne Cookes, «A Change Is Gonna Come», ergänzt.
Doch nicht nur die sichere Inszenierung Kings und das hervorragende Skript Powers’ machen One Night in Miami zu einem grossartigen Film. Es ist das phänomenale Casting, das den fast schon sagenumwobenen historischen Charakteren nicht nur gerecht wird, sondern deren Essenz geschickt einfängt. Insbesondere Malcolm X und Muhammad Ali werden mit viel Feingefühl von Ben-Adir und Goree interpretiert. Unterstützt wird dieses Quartett noch durch exzellent besetzte Nebenrollen und Kurzauftritte.
So gehört einer der eindrucksvollsten Momente Schauspielveteran Beau Bridges, dessen Figur Jim Browns Leistungen als Footballer in höchsten Tönen lobt, ihm aber gleichzeitig verbietet, das Haus zu betreten. Man habe doch bisher nie «N**** im grossen Haus erlaubt». Selbst der Ruhm machte aus einem Schwarzen Mann kein «gleichwertiges Gegenüber».
Es ist One Night in Miami anzurechnen, dass er nicht versucht, eine allgemeingültige Lösung für die Herausforderungen der Bürgerrechtsbewegung zu finden. Die bestehende Ordnung brechen oder sich mit «Weissen Methoden» einen Platz am Tisch zu verschaffen – es sind Ideen, die durch den Raum fliegen. Woran der Film jedoch keinen Zweifel lässt, ist das Vergnügen, diese vier teils viel zu früh verstorbenen Ikonen noch einmal so authentisch nachgezeichnet auf der Leinwand zu erleben.
START 15.01.2021 REGIE Regina King BUCH Kemp Powers KAMERA Tami Reiker SCHNITT Tariq Anwar MUSIK Terence Blanchard DARSTELLER*IN (ROLLE) Kingsley Ben-Adir (Malcolm X), Eli Goree (Cassius Clay), Aldis Hodge (Jim Brown), Leslie Odom Jr. (Sam Cooke), PRODUKTION ABKCO Films, Snoot Entertainment, USA 2020 DAUER 116 Min. STREAMING Amazon Prime Video
Gefällt dir Filmbulletin? Unser Onlineauftritt ist bis jetzt kostenlos für alle verfügbar. Das ist nicht selbstverständlich. Deine Spende hilft uns, egal ob gross oder klein!