Days of the Bagnold Summer

Simon Bird
Mutter und Sohn; er ein Metallica-Fan, sie eine einfache Bibliothekarin aus einem Vorort Englands. Mit Days of the Bagnold Summer erschuf Simon Bird eine Familiengeschichte voller Gegensätze, die zeigt, was passiert, wenn diese unkontrolliert aufeinandertreffen.
«Musik ist meine Religion.» So beschreibt der 15-jährige Daniel Bagnold (Earl Cave) seine Vorliebe für Hardrock. Schwarzer Hoodie, Sneakers, lange, fettige Haare und seine ebenfalls dunkle Hose, alles Teil seiner Faszination für die Band Metallica. «Es ist nicht meine Schuld, dass du die langweiligste Person auf dieser Welt bist», sagt er zu seiner alleinerziehenden Mutter Sue, gespielt von Monica Dulan, als sie gemeinsam am Strand spazieren.
Grund für Daniels miese Laune ist ein in letzter Minute abgesagter Aufenthalt bei seinem Vater und dessen neuen, schwangeren Freundin in Florida. Seine Sommerferien sind deshalb, und weil er folglich sechs Wochen bei seiner Mutter in einem Vorort Englands verbringen muss, ruiniert. Dass seine Mutter nun auch noch mit Daniels Geschichtsprofessor ausgeht, ist nur die Spitze des Eisberges dieser Familienkomödie.
Days of The Bagnold Summer will eine Komödie sein, die ein so ernstes Thema wie Instabilität in der Familie visualisiert, ohne dabei den Humor zu kurz kommen zu lassen. So verdeutlicht zu Beginn eine Szene die Gratwanderung zwischen Witz und Familiendrama. Mutter und Sohn sitzen in einem Diner, Daniel isst einen Kuchen, während sie sich über die möglichen, langweiligen Babynamen für sein bald geborenes Halbgeschwisterchen lustig machen.
Ein humorvoll anzusehender Austausch, doch die Szene wird ausserdem dazu genutzt, den bevorstehenden Mutter-Sohn-Konflikt anzukündigen. Sue möchte nämlich ein Stück des Kuchens probieren. Daniel lehnt anfangs vehement ab und gibt ihr schliesslich, widerwillig und nur unter der Bedingung «keine Glasur», ein winzig-kleines Stück.

Nicht nur voller Witz und Drama ist Simon Birds Komödie, sie bedient sich ausserdem an Kontrasten, um den Konflikt zu verdeutlichen, aber auch um Daniels Charakter darzustellen. Deutlich wird dies vor allem in Szenen, die Daniel in den Strassen der Vororte Englands zeigen. Das helle Licht sowie die omnipräsenten fröhlichen Farben signalisieren sofort: Der in tiefschwarz gekleidete Daniel passt schon allein optisch nicht hierher.
Starke Kontraste werden aber nicht nur benutzt, um ihn sichtbar herausstechen zu lassen, sondern auch, um die verschiedenen Welten zu zeigen, die im Hause Bagnold aufeinandertreffen. So wird gezeigt, wie Sue im Garten die Wäsche aufhängt, links im Bild zu sehen ist die pinke, fröhliche Garderobe der Mutter, während ihr gegenüber eine Wand aus schwarzer, trister Kleidung aufgehängt ist. Allein diese nur sekundenlange Sequenz charakterisiert den Konflikt, ein Aufeinandertreffen von unterschiedlichen, fast gegenteiligen Persönlichkeiten und Weltanschauungen.
Aber nicht nur Kontraste verdeutlichen die Streitereien zwischen Mutter und Sohn, auch die Erzählperspektive lässt das Publikum die Auswirkungen ihrer Dispute am eigenen Leibe spüren. Worte wirken, vor allem weil sich der Film auf die Mutter fokussiert und Monica Dulan fantastisch glaubhaft spielt. Daniel erscheint hingegen immer unsympathischer, bis er das letzte bisschen Mitgefühl des Publikums verloren hat.

Der Film mag auf den ersten Blick darunter leiden, ein Konflikt, bei dem die eine Seite eindeutig im Recht liegt und die andere folglich automatisch falsch erscheint, kann schliesslich als eindimensional und parteiisch realisiert empfunden werden. Verliert der Film aufgrund eines Konfliktes, bei dem Richtig und Falsch bereits klar definiert ist, an Dramatik? Sollte er nicht eher beide Welten auf objektive Art und Weise präsentieren und das Publikum selbst entscheiden lassen, wer im Recht liegt? Diese Fragen muss und wird sich jede_r selbst am besten beantworten können.
Simon Bird erschuf mit Days of the Bagnold Summer eine Familienkomödie, die sich sowohl des Humors als auch des Ernstes bedient und seine Kraft daraus schöpft. Einzig und allein stellt sich die Frage, ob eine Objektivität im Gezeigten für einen noch interessanteren Film hätte sorgen können.
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