Jane Campion und ihr Kameramann Greig Fraser scheinen für die Schönheit der Gedichte von John Keats eine visuelle Entsprechung finden zu wollen – als sollten sich Text und Bild gegenseitig applaudieren. Jede Einstellung ist makellos kadriert, einige Bildkompositionen überhöhen mythisch die Natur, die einzig Schutz und Geborgenheit zu bieten scheint.
In Cherien Dabis’ Spielfilmerstling gewinnt die Palästinenserin Muna über die Green-Card-Lotterie für sich und ihren Sohn Fadi ein Visum für die USA. Aus dem frisch ummauerten Westjordanland, wo Demütigungen und Freiheitsverlust an der Tagesordnung sind, machen sie sich auf in die alte neue Welt.
Lioret ist ein aufgeklärter Melodramatiker, der sich nicht scheut, das Politische ganz fest mit dem Privaten zu vermählen. Er kann es, weil er seinen Hauptfiguren auf gleicher Augenhöhe begegnet. Er nähert sich seinem kontroversen Sujet mit den rechtschaffenen Mitteln eines Charakterdramas, das auf der Legitimität individueller, privater Gründe für staatsbürgerliches Engagement beharrt.
Auf seine Leinwand-Persona hat Woody Allen in letzter Zeit oft verzichtet und sie Alter Egos (immer wieder andern) überbunden. Was jeweils nichts hilft, denn hartnäckig sehen und hören wir über die Schulter immer ihn. Und denken erneut: Ach, spielte er sich doch wieder selber!
In manchen Momenten scheint dieser Film stillzustehen. Als ob es nicht mehr weiter ginge. Dann verharren die Menschen in ihren Bewegungen und halten kurz inne, gerade so, als ob sie im nächsten Augenblick die Flucht ergreifen würden, was manchmal auch tatsächlich geschieht. Bei Mia gibt es diese Momente des Stillstands beim Tanzen.
Der Film bietet dem Zuschauer sowohl knarzende Mechanik der Trickmaschine (in Erinnerung an die Anfänge der Kinematografie als Jahrmarktsattraktion) wie computergenerierten Glanz. Das imaginäre Reich ist skurril wie das Pepperland der Beatles im Zeichentrickfilm Yellow Submarine. Terry Gilliam schöpft bei dessen Gestaltung aus dem eigenen Unterbewussten und kehrt zu seinen Anfängen zurück.
Ganoven auf durchschnittlicher Intelligenzstufe bringt die Leinwand routiniert nach der sechsten oder siebten Rolle um die Ecke, an den Galgen oder hinter Gitter. Ein gelegentliches Entweichen und Wiederaufgeistern bleibt vorbehalten. Es bietet aber noch keine Gewähr für jene verbrecherische Genialität, nach der die Filmserien erst so dürstend lechzen. Denn bei ihnen will das Motiv der Rückkehr zu den alten krummen Touren eine Ur-Phantasie bedienen, die jeder vorbedachten Missetat zugrunde liegt.
Eine historische Persönlichkeit, bei der nicht nur das exakte Geburtsdatum (im Jahr 1098) mit einem Fragezeichen zu versehen ist, lässt sich schnell für allerhand Weltanschauungen vereinnahmen. So gilt Hildegard von Bingen heute wahlweise als feministische Vorreiterin, Ahnherrin der Naturheilkunde oder Kronzeugin eines mystischen Spiritualismus.