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Bring Her Back 1
© Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH

Happy-Go-Unlucky: Bring Her Back

Danny und Michael Philippou verfeinern nach Talk to Me ihr Horror-Handwerk mit einem fiesen Feelbad-Movie.

Text: Alan Mattli / 13. Aug. 2025
  • Regie

    Danny Philippou, Michael Philippou

  • Buch

    Danny Philippou, Bill Hinzman

  • Kamera

    Aaron McLisky

  • Schnitt

    Geoff Lamb

  • Musik

    Cornel Wilczek

  • Mit

    Billy Barratt, Sora Wong, Sally Hawkins, Jonah Wren Phillips

  • Start

    14. August 2025

Nach dem Tod ihres Vaters ziehen der 17-jährige Andy (Billy Barratt) und seine jüngere Stiefschwester Piper (Sora Wong) zu ihrem neuen Vormund Laura (Sally Hawkins). Doch in ihrem neuen Zuhause, einem modernen Anwesen im grünen Gürtel ums südaustralische Adelaide, geht von Anfang an Seltsames vor: Nicht nur behandelt die verschrobene Ex-Sozialarbeiterin die blinde Piper um einiges fürsorglicher als den von Schuldgefühlen zerfressenen Andy – für solches Verhalten wurde der Begriff «stiefmütterlich» erfunden –, sie beherbergt zudem auch den zehnjährigen Oliver (Jonah Wren Phillips), der kein Wort sagt, permanent unter Stubenarrest zu stehen scheint und um jeden Preis von Lauras Katze ferngehalten werden muss. Und dann ist da auch noch der mit einem Vorhängeschloss verrammelte Schuppen im Garten...

War Talk to Me (2022), das Regiedebüt der australischen Zwillinge Danny und Michael Philippou, noch gefangen im unproduktiven Niemandsland zwischen gentrifiziertem elevated horror – dem noch jungen Subgenre, das Horrorversatzstücke explizit als Metapher für «seriöse» Themen wie Trauer und Trauma einsetzt – und schwarzhumorig-matschiger Körperlichkeit, markiert Bring Her Back eine höchst willkommene künstlerische Entwicklung. Die kreative Freiheit, die ihnen ihr kritisch und kommerziell erfolgreicher Erstling eingebracht hat, münzen die Philippous, ihres Zeichens gelernte Prank-YouTuber im Jackass-Stil, hier zu einem blutigen, psychologisch herrlich fiesen Feelbad-Movie um, das sich ein Stück weit vom halbherzigen Drama von Talk to Me verabschiedet und die sadistische Ader der Regisseure ausgiebiger zu ihrem Recht kommen lässt.

Bring Her Back 2

© Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH

Das Unbehagen beginnt mit den unheimlichen VHS-Aufnahmen okkulter Experimente, mit denen das Publikum ohne jeden Kontext in den Film eingeführt wird, nimmt mit Lauras perfider, hinter einem mütterlichen Lächeln versteckter Piesackerei seinen Lauf und entlädt sich in einer Reihe herausragend designter, magenverdrehender Gore-Momente. Alle, die empfindlich auf Gewaltakte an Haut, Zähnen und Kindern reagieren, seien hiermit gewarnt.

Natürlich kommt aber auch Bring Her Back nicht ohne emotionale Komponente aus – sonst hätten das ganze Gaslighting und Blutvergiessen ja kein Gewicht. Als emotionaler Anker dient die Beziehung zwischen Andy und Piper, die zwar bei weitem nicht konfliktfrei ist, in den entscheidenden Momenten aber anrührende Einblicke in ein liebevolles Verhältnis gewährt – ein Verhältnis, das Laura um jeden Preis zu spalten versucht. Billy Barratt und Sora Wong leisten gute Arbeit, um die Figuren im Drehbuch von Danny Philippou und Bill Hinzman über das, was für den Plot relevant ist, hinauszucharakterisieren.

Bring Her Back 3

© Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH

Weniger souverän ist der Versuch des Films, Laura zu einer komplexen Antagonistin zu machen. Hier zeigt sich, wie schon in Talk to Me, dass die blosse Tatsache, dass eine Figur traumatisiert ist und eine persönliche Tragödie mit sich herumträgt, noch nicht genügt, um ihr nennenswerte Tiefe zu verleihen. Abgefedert wird dies aber durch die grossartige Darstellung von Sally Hawkins, welche die tüddelige Geselligkeit, mit der sie in Mike Leighs Happy-Go-Lucky (2008) brillierte, in Bring Her Back anregend neu auslegt und zu ihrem giftigen Gegenteil umkehrt.

Apropos neu auslegen: Ein Schelm, wer denkt, dass dieser Film von zwei interessanten neuen Stimmen, der von der Gefahr handelt, die Vergangenheit nicht loslassen zu können, ein Metakommentar auf die Sequel-, Prequel- und Reboot-Wut ist, die auch vor dem Horrorkino nicht Halt macht.

 

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