Was fasziniert Sie an Bruno Manser?
Dass er seinen Traum, das, was er sich schon als Bub vorstellte, umgesetzt und gelebt hat. Das ist selten in dieser Zähheit und Ausdauer. Natürlich gibt es bei Bruno Manser auch die politische Ebene: dass er die Jagdgründe der Penan verteidigte, seinen Kampf für den Regenwald. Aber der Umweltschützer, der «kriegerische» Manser mit dem Bürstenschnitt hat mich nie stark interessiert, obwohl sein Engagement unbestritten wichtig ist – vielmehr war es der Mensch, der Träumer, der Abenteurer und Phantast.
Wie entstand die Idee zum Film?
Ausgangspunkt war mein Film über den Schriftsteller Nicolas Bouvier und dessen Reise in den Fünfzigern von Genf aus über Kabul bis nach Japan. Als sein Begleiter ihn nach zwei Jahren verliess, lag Bouvier nichts ferner als zurückzukehren, und er schrieb damals, dass er dort bleiben und sich am liebsten in einem Winkel Zentralasiens verkriechen und verschwinden möchte.
In diesem Moment kam mir die Geschichte von Bruno Manser in den Sinn – das waren etwa vier Jahre nach dessen Verschwinden, hinter dem man bis heute ein Attentat oder einen Meuchelmord vermutet. Ich witterte, dass es bei Manser wie bei Bouvier viel eher einen privaten Grund für das Verschwinden gab und weniger einen politischen. Damals wurden Mansers Tagebücher publiziert, und ich suchte nach Hinweisen darin – konnte darin aber nichts finden. Meine These wurde eigentlich erst im Dschungel beantwortet, durch die Penan und andere, die ihn gekannt haben und die in diese Richtung mutmassten. Das fand ich faszinierend. Manser war es ja schon bei den Penan gelungen, nicht als Fremder wahrgenommen zu werden, unter ihnen quasi zu «verschwinden».

Tatsächlich liegt eine Brisanz des Films darin, wie er Mansers mysteriöses Verschwinden erklärt; hier legt der Film ja verschiedene Fährten …
Ich glaube, dass wenn sich jemand entziehen will, er das nicht eindeutig äussert. Auf seinem letzten Gang musste Manser über die grüne Grenze von Süden her nach Sarawak gelangen. Er wurde dort natürlich auch von Leuten begleitet, die ihn kannten. Gegenüber einzelnen zeigte er auch offen seine Verzweiflung ob der zunehmenden Zerstörung des Dschungels. Andere wieder sagen, dass nichts darauf hinwies, dass er sich absetzen wollte. Er war meiner Meinung nach sehr vorsichtig. In diesem Sinn hat auch der letzte Brief an seine Freundin etwas sehr Vages: Wir sehen uns wieder – irgendwann ... Meiner Meinung nach ist eine Rückkehr Mansers auf den Berg Batu Lawi, auf dem er bereits einmal ein «mystisches» Erlebnis hatte, sehr wahrscheinlich. Ein Nachforschen auf dem entlegenen, unzugänglichen Berg ist aber unmöglich.
Wie gestalteten sich die Dreharbeiten?
Ich wollte Mansers Weg im Dschungel nachverfolgen, bevor ich zum eigentlichen Dreh übergehen würde, die Leute kennenlernen, mit denen er gelebt hatte. Die Stämme der Penan bewegen sich in einem Terrain von zehn, zwanzig Quadratkilometer – ich habe sie gesucht, bin ihnen durch den Dschungel nachgegangen, aufs Geratwohl, während mehrerer Aufenthalte. Mit einer Equipe aus vier Personen haben wir im Anschluss daran dann sechs Wochen lang gedreht.

Gab es Probleme mit der Regierung?
Wir hatten einfach wahnsinnig Glück: Bruno Manser ist immer noch ein schwieriges Thema in Malaysia. Jeder kennt ihn, und jeder Zweite hasst ihn: Er hat sie als Volk und er hat ihren Präsidenten lächerlich gemacht. Deshalb konnten wir gar nicht offiziell um Dreherlaubnis bitten. Andererseits konnten wir auch nicht darauf zählen, unbemerkt durchzugehen: als Weisse – und mit dem ganzen Material: 130 Kilo … – das lässt sich nicht so einfach verstecken.
Aber irgendwie sind wir durchgeschlüpft. Und das trotz der Unwägbarkeiten der Natur: Die Regenzeit brach völlig zur Unzeit aus. Ausserdem war es unmöglich, mit der ganzen Equipe durch den Wald zu gehen. Also mussten wir die Holzfällerstrassen von Norden her nutzen, um uns den Stämmen anzunähern und dann vielleicht noch die letzten vier Stunden durch den Dschungel zu gehen. Auf diesen Strassen läuft man aber wiederum Gefahr, den Holzfällern oder schlimmstenfalls sogar Militärs zu begegnen. Glücklicherweise ist das alles nicht passiert, und wir konnten das Material unbehelligt ausser Land bringen.
