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Novocaine 2
© 2025 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Masochisten-Tango: Novocaine

Jack Quaid ist Mr. No Pain, ein Superheld wider Willen.

Text: Selina Hangartner / 26. März 2025
  • Regie

    Dan Berk, Robert Olsen

  • Buch

    Lars Jacobson

  • Kamera

    Jacques Jouffret

  • Schnitt

    Christian Wagner

  • Musik

    Lorne Balfe, Andrew Kawczynski

  • Mit

    Jack Quaid, Amber Midthunder, Ray Nicholson, Jacob Batalon, Betty Gabriel

  • Start

    27. März 2025

Der brave Bankangestellte Nathan Caine (Jack Quaid) leidet an einer genetischen Erkrankung, die ihn keine Schmerzen spüren lässt. Klingt toll, kann aber fatal sein. Darum muss Nathan, nach einer isolierten Kindheit im Spital, nun ein äusserst vorsichtiges Erwachsenenleben führen. Seine Zeit ausserhalb des Büros verbringt er deshalb gemütlich mit Computerspielen und virtuellen Freunden. Nicht einmal Essen in fester Form traut er sich zu, aus Angst, sich unwissend die Zunge abzubeissen und zu verbluten.

Ein bisschen Schwung kommt in seinen Alltag, als sich die neue Mitarbeiterin Sherry (Amber Midthunder) für ihn zu interessieren scheint. Beim Mittagessen mit der lebenslustigen Frau geniesst Nathan zum ersten Mal ein Stück Kirschkuchen. Auf Glück folgt Unglück – ein Banküberfall setzt Nathans neuer Lebenslust ein jähes Ende. Und dann nehmen die Räuber ausgerechnet seine neue Flamme als Geisel mit.

Novocaine 1

© 2025 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Ein Rettungsversuch ist angesagt, und in dieser Actionkomödie stiftet sich der Humor hauptsächlich daraus, dass Nathan auf den ersten Blick so gar nicht zum kaltschnäuzig-coolen Superhelden geeignet erscheint. Er ist eben nicht nur Mr. No Pain (wie der internationale Verleihtitel verrät; auf den Wortwitz des Originaltitels Novocaine wollte man in einer weniger pharma-fanatischen Gesellschaft anscheinend nicht setzen) – Nathan ist auch ein Mr. Nice Guy, der selbst auf seiner blutigen Mission noch überaus freundlich und zuvorkommend bleibt.

Das ist der Stoff, aus dem der Humor in dieser äusserst blutig-schwungvollen und actionreichen Komödie gemacht ist. Jack Quaid – ein Nepo Baby (Meg Ryan/Dennis Quaid), das sich den aufgehenden Stern in Hollywood wohl verdient – glänzt in dieser Rolle als netter boy next door, der eigentlich keiner Fliege etwas antun könnte, würde ihm das Schicksal nicht diese gewaltreichen Eskalationen abverlangen. Dann bringt Quaid nicht nur das Talent zur charmanten Slapstick-Komödie, das er vielleicht von seiner Mutter geerbt hat, sondern auch den nötigen körperlichen Einsatz, ohne unterm Hemd plötzlich jenen unglaubwürdig-stählernen Körper zu entblössen, der die Optik männlicher Stars in Hollywood in den letzten 20 Jahren geprägt hat.

Mr No Pain

© 2025 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Sowieso ist die gelegentliche Bodenständigkeit des Films sein eigentlicher Charme: Das Drehbuch scheint sorgfältig durchdacht, sodass eine scheinbar so mühelos-unterhaltsame Geschichte zusammenkommt, wie es in Sequel- und Prequel-verrückten Franchise-Filmuniversen nur noch selten der Fall ist. Ganz perfekt ist in Novocaine trotzdem nicht alles: Etwas zu lange wird erzählt, manchmal hätte es, zumindest für einen Fan von absurden Komödien wie mich, sogar noch die eine oder andere Frivolität mehr ertragen.

Die ausbrechende Gewalt wird mit viel Spass am Exzess bis zur letzten Konsequenz ausgespielt; Nathan gräbt sich schmerzlos durch die kriminelle Unterwelt, während sein Körper immer mehr einstecken muss. Die Ultra-Brutalität, wie wir sie von Actionfilmen à la Schwarzenegger und Stallone kennen, mündet hier in wahren Body Horror.

Und doch bleibt dank des Schmerzlos-Gimmicks alles humorvoll leicht. Jede kleine Episode erweist sich als trickreiche Konstellation, in der sich Mr. No Pain beweisen muss, bis zur finalen Konfrontation mit dem Chef-Dieb Simon (auch von einem talentierten Nepo-Kind gespielt: Jack Nicholsons Sohn Ray, der das Talent zum exzessiven Bösewicht offensichtlich in den Genen hat). Dass Freundin Sherry dabei nicht bloss eine jener Frauen ist, die nur darauf wartet, von ihrem Helden gerettet zu werden, spricht nochmals fürs ausgeklügelte Filmerzählen.

 

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