Filmbulletin Print Logo
Playwththedevil 2
Zeal & Ardor kombinieren Gospel und Black Metal. © Filmbringer Distribution

Eine stille Studie: Play with the Devil

Olivier Joliat und Matthias Willi sind der Band Zeal & Ardor mit der Kamera um die Welt gefolgt. Ihr Porträt gewährt schöne Einblicke in satanistische Kreise.

Text: Oliver Camenzind / 16. Mär. 2023
  • Regie, Buch

    Olivier Joliat, Matthias Willi

  • Kamera

    Matthias Willi

  • Musik

    Manuel Gagneux

  • Mit

    Manuel Gagneux, Marco von Allmen, Rafaela Dieu, Marc Obrist, Tiziano Volante, u.v.m.

Wie wird man mit Musik zum internationalen Phänomen? Manuel Gagneux wirkt wie einer, der es auch nicht so genau weiss. Obwohl er eines der erfolgreichsten Exportprodukte der Schweizer Musikszene geschaffen hat. Dabei war Zeal & Ardor vorerst nur ein weiteres seiner Projekte. In einem Internetforum hatte Gagneux herumgefragt, welche beiden Genres die Leute gern kombiniert hören würden. Gospel und Black Metal war die Antwort.

Da hatte er die Herausforderung, die er sich gewünscht hatte. Also machte Manuel Gagneux sich an die Arbeit, komponierte Musik, schrieb Texte. Nahm alles selber mit seinem Laptop auf, stellte das Resultat auf die Plattform Bandcamp. Und landete damit einen Coup. Bei Twitter wies eine Musikkritikerin auf Gagneux’ unkonventionelle Verbindung von Sklavenliedern und Black Metal hin, eins führte zum anderen.

Playwththedevil 4

Anfragen für Interviews und Konzerte liessen nicht lang auf sich warten. Aber Manuel Gagneux war Solokünstler. Eine Band musste er erst zusammenstellen. Ob das Quintett live funktionieren würde, wusste er nicht. Darum heisst der Film über Gagneux im Untertitel «Becoming Zeal & Ardor».

Ohne Kommentar und ohne viel Kontext erzählt Play with the Devil also vom Werden dieser Band, die legendär war, noch bevor sie ein einziges Mal vor Publikum gespielt hatte. Und daher von Anfang an unter enormem Druck stand, mit Unsicherheiten zu kämpfen hatte, Anfängerfehler beging. Dass Ihre Musik zwei Stilrichtungen verbindet, die sonst nicht zusammenpassen, hilft auch nicht: Vorbilder gab es keine.

Der Film ist das Porträt einer Band, die keine Ahnung haben konnte, was sie tat. Sich aber irgendwie an ihre Situation gewöhnte – und damit durchkam.

Der Zugang des Regieduos Olivier Joliat und Matthias Willi ist simpel. Sie haben Gagneux und die Band mit ihrer Kamera während Monaten begleitet. Das Resultat ist ein ruhiger – und leiser – Film, der mehr berichtet als erklärt. Der Film feiert nichts ab, kritisiert aber auch nicht. Er gewährt einen Einblick in eine Subkultur, die sonst nicht viel von sich preisgibt.

Playwththedevil 3

Für ein Publikum, das sich selten oder nie in den satanistischen Kreisen von Zeal & Ardors Fans bewegt und sich dafür vielleicht auch nicht übermässig interessiert, funktioniert dieser Zugang bestens. Solche Zuschauer:innen bekommen eine Band zu sehen, die mit ihrer Musik den Nerv der Zeit trifft. Dass es sich bei dieser Musik zufälligerweise um Black Metal handelt, ist nur noch Geschmackssache.

Wer es genauer wissen möchte, erfährt in dieser Dokumentation aber wenig Neues. Es wird nicht klar, warum ein Schwarzer, der von Sklaverei und Schwarzer Selbstermächtigung singt, in der Black-Metal-Szene ein Novum sein könnte. Es wird auch nicht klar, warum Metal bisher nie als Protestmusik funktioniert hat. Da hätte der Film mehr Aufklärungsarbeit leisten müssen und etwa vom enormen Rassismusproblem berichten müssen, das in manchen Kreisen der Metal- und Satanist:innenszene herrscht.

Ohne diese Hintergründe wird Zeal & Ardor als musikalisches Phänomen nicht fassbar. Und Manuel Gagneux wirkt wie einer, dem auch nicht klar ist, warum alle Welt etwas von ihm will. Dabei weiss der natürlich genau, was er richtig gemacht hat: Er hat zur richtigen Zeit die richtigen politischen Impulse in eine starre Subkultur getragen. Er hat Metalheads über #blacklivesmatter informiert und Aktivist:innen für Metal begeistert. Und das ist eine Leistung, die man mehr hätte würdigen können als Play with the Devil es tut.

 

Weitere Empfehlungen

Film

08. Mär. 2023

Schwarz in einem Weissen Land: Je suis Noires

Dieser Dokumentarfilm ist die erste filmische Auseinandersetzung mit den Erfahrungen Schwarzer Frauen in der Schweiz. Geschickt kombiniert er persönliche Erlebnisse mit einer Kritik der Schweizer Gesellschaft.

Kino

28. Juli 2010

Ins Unbekannte der Musik

«Ein Schaffen, das über die Grenzen der ästhetischen Konventionen hinauszugelangen versucht.» Mit diesem Fokus begleitet Urs Graf den Entstehungsprozess von drei zeitgenössischen Musikstücken mit der Kamera.