320 Millionen Dollar soll sie gekostet haben, die Verfilmung von Simon Stålenhags illustriertem Science-Fiction-Roman, mit der die Avengers: Endgame-Regisseure Anthony und Joe Russo der Blockbustermarke Netflix einmal mehr ihren Stempel aufdrücken wollen. Doch in den drei Jahren seit ihrem letzten dahingehenden Versuch, dem geist- und texturlosen Agententhriller The Gray Man (Kostenpunkt: 200 Millionen Dollar), hat sich herzlich wenig getan.
Auch The Electric State stammt aus der Feder der üblichen Russo-Kollaborateure Christopher Markus und Stephen McFeely; und auch dieses Mal fühlt sich die Affiche weniger wie eine kohärente Geschichte über ausgearbeitete Figuren mit emotional aufgeladenen Konflikten an, und mehr wie eine lange Reihe von plotrelevanten Ereignissen, die unaufhaltsam auf den obligaten Endpunkt zusteuern. Es ist nicht ein Film, den die Russos hier fabriziert haben, sondern vielmehr ein «Film» – eine synthetische, durch und durch unauthentische Annäherung an eine Art Kino, mit der das eine oder andere Publikumssegment wahrscheinlich gewisse Nostalgiegefühle verbindet.
© 2024 Netflix. Used with permission.
Der durch kaum einen originellen Gedanken angereicherte Wunsch, «so etwas» wie E.T. the Extra-Terrestrial (1982), Blade Runner (1982), The Iron Giant (1999), WALL-E (2008) oder Bumblebee (2018) zu machen, geistert durch die ganzen zwei Filmstunden. In diesen raufen sich der rebellische Teenager Michelle (Millie Bobby Brown), ein gesuchter Roboter, in dem der Geist ihres vermeintlich verstorbenen Bruders steckt, und der zynische Schwarzmarkthändler Keats (Chris Pratt) zusammen, um einem finsteren Tech-Milliardär (Stanley Tucci) das Handwerk zu legen.
Die Handlung hakt die gängigen Roadmovie- und Sci-Fi-Dystopie-Klischees ab, ohne ihnen etwas Erinnerungswürdiges – geschweige denn Neues – hinzuzufügen. Anstatt aus erkennbaren Motiven zu Freund:innen zu werden, tauschen Michelle und Keats einfach so lange müde Kalauer aus, bis der Film so tun kann, als verbände die beiden ein inniges Band. Alle zehn Minuten dudelt ein plump gewählter Popsong auf dem Soundtrack, wohl in der Hoffnung, das Publikum würde so das lustlose Bildschirmgeschehen schon irgendwann mit Spass assoziieren.
© 2024 Netflix. Used with permission.
Angesiedelt ist das Ganze übrigens auf einer alternativen Zeitachse, wo die Menschheit Anfang der Neunzigerjahre einen Krieg gegen aufrührerische Roboter knapp gewann und die überlebenden Androiden in ein abgeriegeltes Reservat im Südwesten der USA verbannte. Damit flirten die Russos, Markus und McFeely mit der gesellschaftspolitischen Relevanz der Roboterthematik. Doch während Werke wie Blade Runner, Ex Machina (2014) oder Westworld (2016–2022) als Metaphern auf Rassismus, Sexismus und die Ausbeutung der Arbeiter:innenklasse funktionieren, fehlt The Electric State diese Doppelbödigkeit. Zwar endet der Film mit dem lächerlich buchstäblichen Aufruf, etwas weniger Zeit am Smartphone – Verzeihung, Stanley Tuccis futuristischer VR-Brille – zu verbringen; seine diversen Plädoyers für die Menschlichkeit seiner Markenmaskottchen-Roboter miefen aber vor allem nach der logischen Erweiterung der KI-Industrie-freundlichen Aussagen, mit denen die Russos in Interviews gerne kokettieren.