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The Naked Gun
© 2025 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Ein Herz für Unfug: The Naked Gun

Eine Blödelkomödien-Institution erhält einen äusserst witzigen Reboot. Es lebe die Pointe!

Text: Alan Mattli / 30. Juli 2025
  • Regie

    Akiva Schaffer

  • Buch

    Dan Gregor, Doug Mand, Akiva Schaffer

  • Kamera

    Brandon Trost

  • Schnitt

    Brian Scott Olds

  • Musik

    Lorne Balfe

  • Mit

    Liam Neeson, Pamela Anderson, Paul Walter Hauser, Danny Huston, Kevin Durand

  • Start

    31. Juli 2025

Die Geschichte von The Naked Gun, der Blödelkomödien-Reihe, die das «ZAZ»-Trio Jerry Zucker, Jim Abrahams und David Zucker auf den Ruinen seines leider gefloppten TV-Formats Police Squad! (1982) errichtete, ist irgendwie auch die Geschichte der modernen US-Komödie und wie sie – jedenfalls in manchen Ecken – zum Politikum geworden ist.

So beklagte sich 2022 David Zucker in einem Interview mit dem berüchtigten Rechtsaussen-YouTube-Kanal PragerU über die angebliche Zensur, die in diesem Genre – und in Hollywood allgemein – inzwischen vorherrsche. Auf die immer wiederkehrende Frage, ob man so etwas wie die wegweisende ZAZ-Katastrophenfilmparodie Airplane! (1980) heute noch machen könnte, pflege er zu antworten: «Sure, just without the jokes.»

The Naked Gun 2

© 2025 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Wie so manchem alternden Comedy-Mann, dem das Schreckgespenst der «politischen Korrektheit» ein Dorn im Auge ist, scheint Zucker die profunde Ironie der Situation nicht aufzufallen. Denn die von ihm gedrehten Naked Gun-Filme bedienten unter ihrem Slapstick-Mantel durchaus «woke» Themen wie Polizeigewalt und den dreckigen Krieg der Öl-, Gas- und Kohlelobbys gegen erneuerbare Energien. The Naked Gun 2½: The Smell of Fear (1991) machte sich sogar explizit über zynische rechte Propaganda lustig – 17 Jahre vor Zuckers konservativer Michael-Moore-Parodie An American Carol, 24 vor seinem Werbespot für die Iran-Politik der Republikanischen Partei.

Wer die Ironie hingegen verstanden zu haben scheint: der Saturday Night Live-erprobte Comedy-Autor Akiva Schaffer. Zusammen mit seinen Drehbuch-Kollaborateuren Dan Gregor und Doug Mand sowie den Produzent:innen Erica Huggins und Seth MacFarlane (Family Guy) hat der Regisseur von den Kultkomödien Hot Rod (2007) und Popstar: Never Stop Never Stopping (2016) nämlich einen Reboot von The Naked Gun in Angriff genommen – und die abstrusen Kulturkampf-Parolen von Zucker, PragerU und Konsorten kurzerhand in den Plot integriert.

Hier ermittelt der nordirische Action-Haudegen Liam Neeson als Sohn von Leslie Nielsens Ur-Trottel-Cop Frank Drebin gegen den Elon-Musk-/Jeff-Bezos-Verschnitt Richard Cane (Danny Huston): einen Tech-Milliardär, der mit markigen Worten vor fallenden Spermienzahlen warnt, Rotlichttherapie für Genitalien propagiert und einen Club betreibt, «in dem Männer noch richtige Männer sein dürfen», sich im entscheidenden Moment aber als dünnhäutige Heulsuse herausstellt.

The Naked Gun 1

© 2025 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Doch wie es sich für The Naked Gun gehört, geht es auch in diesem Reboot weniger um die Handlung als darum, in jeder Einstellung möglichst viele Gags unterzubringen. Insofern ist Schaffers Film im besten Sinne altmodisch: Pointe reiht sich an Pointe, visueller Witz an visuellen Witz, mal subtil-hintersinnig, öfter herrlich doof – von Drebins Vekehrssünden zum obligaten Seitenhieb auf das originale Castmitglied O. J. Simpson, von den «Cold Cases» im Gefrierschrank zur gewollt fragwürdigen Noir-Poesie, mit der Pamela Andersons Figur umschrieben wird, vom Kinder vermöbelnden Paul Walter Hauser zum «Child Labor Consultant» und dem «Set-Dressing» («Ranch, Italian, French, Vinaigrette») im Abspann. Das Publikum wird dabei nicht bei der Hand genommen: Wer einen Gag verpasst, hat Pech gehabt – aber zum Glück folgt der nächste ja schon bald.

Klar, nicht alle Witze finden ihr Ziel; und jede längere Einlage, die funktioniert – die verschachtelte Geständnis-Akquise, der eifersüchtige magische Schneemann (sic) –, scheint ein weniger erfolgreiches Gegenstück – Pamela Andersons Jazzgesang, die Eulen-Verfolgungsjagd – nach sich zu ziehen. Aber dank der hohen Gag-Dichte, und dank einer Liam-Neeson-Performance, die klugerweise nicht Leslie Nielsen nacheifert, sondern vielmehr Neesons eigene Leinwandpersona verballhornt, bleibt The Naked Gun eine durchgehend witzige Farce, von der sich der Rest der US-Komödienszene gerne eine Scheibe abschneiden könnte.

Und was meint David Zucker, der selbsternannte Verfechter der komödiantischen Redefreiheit? Er werde sich den Film nicht ansehen, weil die Crew nicht um seine Mitwirkung gebeten habe. Wie war das nochmal mit den allzu leicht empörten Hollywood-Insidern?

 

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