The Wall of Shadows

Eliza Kubarska
Ein Team von Top-Bergsteigern will die Ostflanke des Kumbhakarna bezwingen. Doch den Sherpas, die an seinem Fuss wohnen, ist der Berg heilig. Regisseurin Eliza Kubarska drehte einen Dok über die Menschen, die hinter der westlichen Rekordjagd am Himalaya stehen.
Die Kartoffeln gefrieren und den Gemütern geht es auch nicht besser. Die Sherpa-Familie mit Mutter Jomdoe, Vater Ngada und Sohn Dawa Tenzin ist an einem Ort, an dem sie nicht sein will. Ngada hat einen Job als Sherpa für eine Expedition zweier russischer und eines polnischen Bergsteigers angenommen.
Doch der Berg, den die drei besteigen wollen, ist bei der lokalen Bevölkerung heilig. Sie glauben, Kumbhakarna ist Gott und ihn zu besteigen eine Sünde, die der Tod bedeutet. Tatsächlich ist die Ostflanke des 7712 Meter hohen Berges im nepalesischen Himalaya unbestiegen und ein Sherpa aus demselben Dorf wie Ngada ist einst in der Felswand abgestürzt. Nun sitzt die Familie im Basislager der Expedition, hin und her gerissen zwischen ihrem Glauben, der realen Gefahr des Berges und dem Lohn, der ihrem Sohn sein Medizinstudium ermöglichen soll.
Die polnische Regisseurin Eliza Kubarska besuchte bereits Jahre vor den Dreharbeiten zu The Wall of Shadows die Sherpa-Familie, die für die Expedition angeheuert werden sollte. Der Dokumentarfilm zeigt in ruhigen Einstellungen ihr einfaches Leben in der kargen Landschaft am Fuss der Felsgiganten. Kubarska fängt sagenhafte Bilder ein, aus denen die Ehrfurcht vor dem Berg spricht.

Im Voiceover wird die Sage rund um Kumbhakarna erzählt, die sich mit dem gefilmten Versuch, ihn zu besteigen, vermischt. Die überlieferten Geschichten werden zum Kommentar über das Menschsein an sich. «In diesem Film geht es um Menschen, nicht um das Bergsteigen», sagt einer der russischen Kletterer einmal etwas abschätzig, als die Konflikte sich ausweiten.
Und es stimmt: Kubarska zeigt, wie Osten und Westen, lokale Lebensrealitäten und die Ambitionen der Gipfeljäger aufeinanderprallen. Bereits in ihrem letzten Film, K2. Touching the Sky ging es um die Menschen rund um die Bergsteigerei, statt um die Glorie der Besteigung: Im Fokus dieses Doks standen die Kinder von Kletterern, die am zweithöchsten Gipfel der Welt verunglückten.

Es sieht schlecht aus für die Expedition im Basislager des Kumbhakarna. Marcin Tomaszewski, der Pole im Bunde, spricht Tacheles mit seinen russischen Kollegen Dmitry Golovchenko und Sergey Nilov. Die Temperaturen steigen und damit die Lawinengefahr, seine Intuition warnt ihn vor dem Aufstieg und er hinterfragt den Teamgeist des Dreiergespanns. Er entscheidet sich, nicht zum Gipfel mitzukommen. Derweil verzweifelt Ngada in seiner Zwickmühle, auf seinen Lohn verzichten zu müssen, wenn er die Bergsteiger nicht begleitet.
The Wall of Shadows funktioniert auf der Erzählebene wie ein Thriller, immerzu droht die Willkür der Menschen und des Bergs, an dessen Flanken die Porträtierten vor sich hin frieren. Die Ostflanke des Kumbhakarna bleibt letztlich bis auf 300 Meter unbezwungen. Doch der Berg zeigt Gnade, während die kleinen Menschen, die sich an ihn heranwagten, sich in die Nebelschwaden an seinem Fuss zurückziehen.
Regie: Eliza Kubarska; Buch: Eliza Kubarska, Piotr Rosołowski; Kamera: Piotr Rosołowski, Keith Partridge; Schnitt: Barbara Toennieshen; Musik: Marcel Vaid; Mit: Dawa Tenzin Sherpa, Jomdoe Sherpa, Ngada Sherpa, Dmitry Golovchenko, Sergey Nilov, Marcin Tomaszewski;. Produktion: Braidmade Films, TILT Production u.a.; PL, D, CH 2020. Dauer: 94 Mmin. Verleih CH: Vinca.
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