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Kritiken

Kino

04. Juni 2014

Alceste à bicyclette (Molière à bicyclette)

«Hier stellt sich der reine Mensch dar, welcher bei gewonnener grosser Bildung doch natürlich geblieben ist … wir sehen ihn aber im Konflikt mit der sozialen Welt, in der man ohne Verstellung und Flachheit nicht umgehen kann», schreibt Goethe über Molières «Menschenfeind» Alceste, der uns in Philippe Le Guays Film zeitweise als Serge Tanneur, aber auch als Gauthier Valence entgegentritt. Le Guay nimmt die klassische Bühnenvorlage bei ihrem Witz und lässt den Akteuren genügend Möglichkeit, ins reale Leben auszuweichen.

Kino

04. Juni 2014

Alphonsina

Schlicht Alfonsina hat Christoph Kühn seinen neuen Film genannt. Doch wer ist Alfonsina? Alfonsina Storni, 1892 während eines Heimaturlaubs ihrer ausgewanderten Eltern in Sala Capriasca, Lugano, geboren, 1938 in Argentinien verstorben, war Dichterin, Schriftstellerin, Journalistin, Lehrerin und (alleinerziehende) Mutter.

Kino

04. Juni 2014

Baal

Baal (1969) ist Volker Schlöndorffs vierter Film. Während vierundvierzig Jahren war er nicht zu sehen, da die Erben Bertolt Brechts, des Autors der expressionistischen Dramavorlage des Films, nach der TV-Premiere weitere Aufführungen untersagten. Erst kürzlich widerriefen sie den von Brechts Ehefrau Helene Weigel 1970 ausgesprochenen Bann.

Kino

04. Juni 2014

Banshun

Dieses Lachen hat uns alle verzaubert, immer wieder, seit wir ihm das erste Mal begegneten, in den Siebzigern, als wir anfingen, die Filme von Yasujiro Ozu zu entdecken. Setsuko Hara, die Frau seines Kinolebens, die in fast allen seinen Filmen nach dem Krieg dabei ist, auf einem Radausflug ans Meer, eine Passage in der ersten halben Stunde von Banshun.

Kino

04. Juni 2014

Boyhood

In der avancierten Kindheit und in den Rites de passage der Adoleszenz, diesem Häutungs- und Transformationsprozess, den wir alle durchlaufen, ruhig oder dramatisch, auf jeden Fall (hormonell) beschleunigt, wird für Augenblicke der Zeitfluss selber spürbar. «In a way, the film became a collaboration with time itself, and time can be a pretty good collaborator, if not always a predictable one», sagt Richard Linklater zu seinem neuen Film Boyhood.

Kino

04. Juni 2014

Fruitvale Station

Am Anfang flackern fiebrige, unscharfe und grobkörnige Bilder über die Leinwand, wahrscheinlich aufgenommen mit einem Smartphone. Schwer, sich hier zu orientieren: eine nächtliche U-Bahn-Station, junge, verängstigte Schwarze, die auf dem Boden kauern, nervöse Polizisten, die Befehle bellen, Passagiere, die sich vom wartenden Zug aus schimpfend einmischen, Geschrei und Chaos. Und dann fällt plötzlich ein Schuss.

Kino

04. Juni 2014

Ilo, ilo

Ilo ilo ist das Langfilmdebüt des jungen Regisseurs Anthony Chen, der seine Ausbildung in England absolviert hat. Der Erfolg der unabhängigen Produktion ist für Singapurs kleine Szene bemerkenswert.

Kino

04. Juni 2014

L’amour est un crime parfait

Es gibt Filmemacher, die den Horizont lieben. Die unbegrenzte Weite beflügelt ihre Phantasie. Und es gibt Filmemacher, die es vorziehen, wenn sich vor diesen Ausblick Barrieren schieben. Sie mögen es, wenn ihr Erzählterrain von Bergen eingefriedet wird. Dass der Blick aufs Anderswo verstellt ist, bedeutet schliesslich nicht, dass sie ihrer Vorstellungskraft Schranken auferlegen müssten. Die Brüder Arnaud und Jean-Marie Larrieu gehören eindeutig zur zweiten Fraktion.

Kino

04. Juni 2014

Locke

Ivan Locke hat sich entschieden: Er wird sich jetzt in sein Auto setzen und sofort die Baustelle verlassen und von Birmingham nach London fahren, zu Bethan, um ihr bei der Geburt ihres Kindes beizustehen. Die war eigentlich erst in zwei Monaten anvisiert, das hätte ihm Zeit gegeben, Dinge zu regeln, doch dafür bleibt ihm jetzt nur noch diese eine Nacht. Und es gibt vieles zu regeln.

Kino

23. Apr. 2014

Los insólitos peces gatos

Wie sich die isoliert lebende Familie auf den Tod der immer heiteren Mutter vorbereitet, erzählt Sainte-Luce nicht frei von Pathos: Vor allem Marthas Vermächtnis, kleine Abschiedsbriefe an alle ihre Kinder inklusive Claudia, sind rührselig. Aber meistens konzentriert sich die Regisseurin auf die kleinen Routinen und unverhofften Zärtlichkeiten des Alltags.

Kino

23. Apr. 2014

Die andere Heimat

Fernsehzuschauer kennen bereits seine drei ausufernden Heimat-Serien, die 1984, 1993 und 2004 über die Bildschirme flimmerten und in zahlreichen Stationen ein anspruchsvolles Zeitgemälde deutscher Geschichte von 1919 bis zur Jahrtausendwende zeichneten. Nun geht Edgar Reitz noch weiter zurück, ins vorrevolutionäre Deutschland des Jahres 1840, und erzählt, wenn man so will, ein Prequel zu seinem Lebenswerk.

Kino

23. Apr. 2014

The Reunion / Återträffen

«Das Klassentreffen» müsste der Film auf Deutsch heissen, der zunächst davon handelt, wie die als Letzte eintreffende Anna ihren ehemaligen Klassenkameraden die Feier des Wiedersehens zwanzig Jahre nach Schulabschluss damit vergällt, dass sie bei Tisch aufsteht und zu erzählen beginnt, wie sie sich während der ganzen gemeinsam verbrachten neun Jahre gefühlt habe: ständig gemobbt, erniedrigt, bedroht und ausgestossen.