Die Liebe zum Film habe ich als Schlüsselkind in der ehemaligen Tschechoslowakei entdeckt, als ich die Mittwochnachmittage nutzte, um mich für eine Krone im Kino in fantastische Welten entführen zu lassen. Zur puren Lust am Kino kam viel später die ebenso befriedigende Auseinandersetzung mit Theorie, Geschichte und Ästhetik des Films. An der Universität Zürich habe ich nicht nur Wissen aufgesaugt, sondern auch viel beim Unterrichten gelernt. Das jahrelange Schreiben im stillen Kämmerlein über Unschärfe und Schärfeverlagerungen habe ich für einen abwechslungsreichen Berufsalltag eingetauscht. Von April 2014 bis Februar 2020 habe ich Filmbulletin geleitet.
Kino
Victoria
Die Hauptrolle in Victoria spielt die Kamera. Sie performt variationsreich über die 136 Minuten des Films, der aus einer einzigen langen Einstellung besteht. Erst wählt sie ihre Protagonistin aus einer tanzenden Menge eines Tanzclubs aus und lässt sie bis zur letzten Minute nicht mehr aus den Augen, rennt mit, tanzt mit, wird hektisch und aufgeregt, wenn mit Waffen hantiert wird, und taumelt schliesslich erst in Freude, dann erschüttert, verängstigt und fassungslos aus dem ganzen Schlamassel heraus.